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Rede zum Bundesbericht Forschung 2006

11.05.2007

Rede zum Bundesbericht Forschung 2006 (Drs. 16/3910), zum Antrag der FDP
"Neue Wege in der Technologieförderung ergreifen - Deutschland als Technologiestandort stärken" (Drs. 16/4863) sowie zum Bericht des Ausschusses für Bildung, Forschung und Technikfolgenabschätzung zu den Anträgen:
* Die technologische Leistungsfähigkeit mit dem 6-Milliarden-Euro-Programm und der High-Tech-Strategie stärken
* Forschungsprämie zur besseren Kooperation von Wissenschaft und Klein- und Mittelunternehmen (KMU) zügig umsetzen
* Innovationen brauchen Freiheit - Für mehr Arbeit und Wohlstand
* Innovationen durch Investitionen - Sonderprogramm für die Wissenschaft zur Verbesserung der Kooperation mit der Wirtschaft (Forschungsprämie)
* Technologiepolitik auf nachhaltige Innovationen ausrichten
(Drs. 16/1546, 16/2628, 16/1532, 16/2083, 16/2621, 16/1245, 16/1400, 16/2577 sowie 16/3546)

Herr Präsident!

Meine sehr verehrten Damen und Herren!
Keine Angst; ich werde den Bundesbericht nicht vorlesen.

Präsident Dr. Norbert Lammert:
Ich wollte Sie schon darauf aufmerksam machen, dass die Redezeit dafür vermutlich nicht reichen würde.

René Röspel (SPD):
Deutschland ist zum vierten Mal hintereinander Exportweltmeister.

(Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten der CDU/CSU)

9,2 Prozent aller in der Welt exportierten Waren haben den Stempel „Made in Germany“. Das hat viele Gründe. Es liegt sicherlich daran, dass wir viele fleißige und gute Arbeitnehmer haben, die übrigens lange genug Lohnverzicht geübt haben. Es liegt auch daran, dass wir viele gute, kreative und verantwortungsbewusste Unternehmer haben.

Aber darauf werden wir uns nicht ausruhen können. China hat im letzten Jahr die USA von Platz zwei auf Platz drei verdrängt. Ich gehe davon aus, dass wir nächstes oder spätestens übernächstes Jahr den Weltmeistertitel an China abgeben werden. China hat Riesenvorkommen an Rohstoffen, wir nicht. Unser Potenzial sind die gut ausgebildeten Menschen, die hier leben. Die Basis unseres Erfolgs lässt sich mit zwei Worten ausdrücken: Bildung und Forschung.

(Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten der CDU/CSU)

Eigentlich müsste ich deswegen nicht nur den Bundesbericht Forschung hier liegen haben, sondern auch den nationalen Bildungsbericht, den wir demnächst sicherlich auch diskutieren werden. Beides gehört zusammen, ist unabdingbar verknüpft in einer Gesellschaft, die nicht nur sozial, sondern auch wirtschaftlich und im Forschungsbereich nach vorne kommen will.

(Beifall bei der SPD)

Zuständig für Bildung und Forschung ist nicht nur der Bund. Auf der einen Seite sind es die öffentlichen Hände, Bund und Land, auf der anderen Seite - es ist schon erwähnt worden - die Wirtschaft. Auch aus dem Bundesbericht geht hervor, dass es in den Ländern - ich weiß, es ist nicht einfach -

(Jörg Tauss [SPD]: Auf der Bundesratsbank sitzt gar keiner!)

deutliche Defizite gibt, was die finanzielle Förderung angeht. Ich würde mir - das ist dringend nötig - eine Reform des Bildungswesens in Deutschland wünschen. Dafür sind originär die Länder zuständig.

(Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten der CDU/CSU)

In Nordrhein-Westfalen, meinem Heimatland, hat die SPD bereits eine Diskussion über ein modernes und gerechtes Schulsystem begonnen. In Baden-Württemberg gibt es eine interessante Initiative von 100 Hauptschulen, die sich an das Kultusministerium gewandt und die Landesregierung aufgefordert haben, endlich das ungerechte dreigliedrige Schulsystem abzuschaffen.

(Beifall bei der SPD sowie des Abg. Dr. Ilja Seifert [DIE LINKE] und der Abg. Krista Sager [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN])
Als Forschungspolitiker spricht man ja gerne auch einmal über die Bildung.

Die zweite wichtige Säule ist die Wirtschaft. Sie trägt große Teile der Investitionen in Forschung und Entwicklung. Das ist gesagt worden; aber trotzdem ist es richtig. Die Wirtschaft profitiert eben auch von dem, was die öffentliche Hand, was Bund und Land für Bildung und Forschung zur Verfügung stellen. Deswegen habe ich kein Verständnis, wenn die Wirtschaft - die Zahlen des Stiftungsverbandes der deutschen Wirtschaft, Frau Pieper, sprechen da eine deutliche Sprache - ihrer Verpflichtung zur Steigerung von Forschung und Entwicklung in gehörigem Maße nicht nachkommt.

(Beifall bei der SPD sowie der Abg. Ilse Aigner [CDU/CSU])

Deswegen habe ich auch kein Verständnis, wenn Unternehmen Rekordumsätze machen, aber gleichzeitig Arbeitsplätze abbauen, wenn sie Rekordgewinne ausschütten, aber immer weniger in die Köpfe ihrer Beschäftigten und in Forschung und Entwicklung investieren.

(Beifall bei der SPD sowie der Abg. Ilse Aigner [CDU/CSU])

Wenn man den Finger nach außen richtet, zeigen ja nach Gustav Heinemann drei Finger zurück: Die dritte Säule ist der Bund. Auch wir haben hier eine Aufgabe und spielen selbstverständlich eine wichtige Rolle. Ich darf in Erinnerung rufen - das gehört zur Geschichte -: Zwischen 1998 und 2005 hat die SPD zusammen mit dem damaligen Koalitionspartner, den Grünen, Bildung und Forschung erst wieder nach vorne gebracht. Wir haben die Ausgaben für Bildung und Forschung von 1998 bis 2005 um 37 Prozent erhöht.

(Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN)

Frau Pieper, in Ihrer Regierungszeit war Bildung und Forschung ein Auslaufmodell, die Etats gingen nach unten. Wir haben sie erst wieder gesteigert. Wir sind froh, dass wir mit dem neuen Koalitionspartner diesen erfolgreichen Kurs noch einmal verstärkt fortsetzen können.

(Beifall bei der SPD)

Ein Beispiel dafür ist die Exzellenzinitiative. Das ist ein Wettbewerb zur Förderung von Spitzenleistungen an Universitäten, der in diesem Bereich bereits für große Dynamik und Bewegung gesorgt hat. 1,9 Milliarden Euro werden wir bis 2011 zur Verfügung stellen; drei Viertel davon trägt der Bund, ein Viertel tragen die Länder.

Mit dem Pakt für Forschung und Innovation sichern wir den großen deutschen Forschungsorganisationen zu, jedes Jahr bis zum Jahr 2010 verlässlich 3 Prozent mehr Mittel zur Verfügung gestellt zu bekommen. Dass sich das lohnt, sieht man, wenn man in den Bericht hineinschaut. Ich möchte einige Beispiele - bei fast 800 Seiten kann ich nicht alle nennen - anführen. 54 der weltweit am meisten zitierten Wissenschaftler im Bereich der Grundlagenforschung kommen aus der deutschen Max-Planck-Gesellschaft.

(Beifall bei der SPD)

Schaut man sich an, welche Institute mit ihrer Publikationszitierung in wissenschaftlichen Zeitschriften weltweit vorne liegen, dann stellt man fest: In den Bereichen Chemie, Physik, Materialwissenschaften und Weltraumwissenschaften ist die Max-Planck-Gesellschaft auf Platz eins - Entschuldigung, dass ich sie zweimal nenne. Wir sind hier erfolgreich.

(Beifall bei der SPD sowie der Abg. Ilse Aigner [CDU/CSU])

Auch für Erfolge im Bereich der angewandten Forschung gibt es gute Beispiele. Jedes Kind kennt mittlerweile den MP3-Player, eine Entwicklung der Fraunhofer-Gesellschaft aus Deutschland. Das zeigt aber auch die immer noch vorhandenen Probleme des Technologietransfers, ohne Frage.

(Beifall der Abg. Ulrike Flach [FDP])

Die Fraunhofer-Gesellschaft macht zu 90 Prozent Vertragsforschung für Industrie, Handel und Dienstleistungen öffentlicher Hand, die sehr erfolgreich ist. Die Leibniz-Gemeinschaft, die ich in der letzten Ausschusssitzung als Gemischtwarenladen bezeichnet habe, wird auf Seite 84 des Berichtes treffend charakterisiert:
Vielfalt bei gleichzeitig hoher Qualität, Effektivität und Effizienz der wissenschaftlichen Arbeit.
Ein berechtigtes Lob.

(Beifall bei der SPD)

Wir können uns nicht auf den Lorbeeren ausruhen. Die Chinesen schlafen nicht, schon gar nicht um 9.20 Uhr deutscher Zeit. Der dickste Brocken beim Export - Sie sprachen es an; das muss man analysieren - sind Autos. Der Großteil der privaten Forschungsgelder und Investitionen geht in wenige Bereiche: Kfz-Bau, Elektrotechnik, Chemieindustrie.

(Jörg Tauss [SPD]: Maschinenbau!)

- Und Maschinenbau, danke; im letzten Jahr aber übrigens mit rückläufigen FuE-Investitionen.

(Jörg Tauss [SPD]: So ist es!)

Das ist sehr bedenklich. Wir sind zusammen mit den Schweizern ziemlich weit oben im internationalen Maschinenbau, aber Forschung und Entwicklung gehen zurück.

Das bedeutet für die öffentliche Forschungsförderung - das ist unsere Aufgabe -, dass wir zusätzliche Forschungsfelder identifizieren und unterstützen müssen, die uns parallel zu diesen großen Bereichen Zukunftschancen eröffnen. Das sind zum Beispiel diejenigen, die wir - Frau Ministerin Schavan erwähnte es schon - in der Hightechstrategie beleuchten, mit der wir 6 Milliarden Euro bis 2009 zusätzlich zur Verfügung stellen: Nanotechnologie, Informations- und Kommunikationstechnologie, Verkehrstechnologie und Gesundheitsforschung. Insbesondere diese ist nicht nur technologisch interessant, sondern für die Menschen unmittelbar; ich nenne hier das Stichwort Krankheitsbekämpfung. Bei der Umwelttechnologie sind wir bereits Exportweltmeister; hier steht noch ein gigantischer Markt zur Verfügung. Nicht zuletzt nenne ich auch die Energietechnologie. Wenn es uns gelingt, neue Energieträger zu mobilisieren, die umweltfreundlich sind und die hier vor Ort angewandt werden können, und wenn wir die Effizienz dieser Technologie steigern können, dann schafft das nicht nur mehr Exportmöglichkeiten, es schafft vor allen Dingen im Inland mehr Arbeitsplätze, wir können damit das Klima und die Umwelt schützen und den Frieden nach innen und außen sichern.

Vielen Dank.

(Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten der CDU/CSU)

Die Schwerpunkte meiner Arbeit: