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Mindestlohn eine Frage der Menschenwürde

01.11.2006

1. November 06

Ennepe-Ruhr/Hagen. Zweieinhalb Millionen Menschen arbeiten an oder sogar unter der Armutsgrenze. Das teilte der SPD-Bundestagsabgeordnete René Röspel den gut 60 Besuchern der „Fraktion-vor-Ort“-Veranstaltung „Arm trotz Arbeit“ mit, zu der er zusammen mit Christel Humme, der Abgeordneten aus dem nördlichen Ennepe-Ruhr-Kreis, in das Hagener Kegel-Casino eingeladen hatte. Franz-Josef Möllenberg, Bundesvorsitzender der Gewerkschaft Nahrung, Genuss, Gaststätten (NGG) und Christoph Brünger von der SIHK stellten sich der Diskussion über die Frage „Brauchen wir gesetzliche Mindestlöhne?“. Eigentlich sollte auch ein Vertreter des Märkischen Arbeitgeber-Verbandes dabei sein, sagte Röspel, „aber die hatten immer irgendwelche Terminprobleme.“
Möllenberg, den Röspel als den „Motor der Mindestlohn-Debatte“ bezeichnete, sagte, das Thema brenne unter den Nägeln: „In Dänemark hat man sich schon über die Konkurrenz aus dem Billiglohnland Deutschland beschwert.“ Ursprünglich sei er gegen Mindestlöhne und für tarifliche Lösungen gewesen, räumte der Gewerkschafts-Chef ein. Dies sei aber nicht mehr möglich, weil immer mehr Unternehmen nicht mehr zu den Arbeitgeber-Verbänden gehörten und deshalb nicht tarifgebunden seien. In Europa gebe es nur noch sechs Länder ohne Mindestlohn.
Wichtig sei die Stärkung der Binnennachfrage, sagte Möllenberg: „Wir können nicht nur vom Export leben.“ Ohne Mindestlohn werde sich der Dumping-Prozess fortsetzen „und uns alle treffen“.
Christoph Brünger, bei der Industrie- und Handelskammer für die Standortpolitik zuständig, meinte, nicht der Brutto-, sondern der Nettostundenlohn sei zu niedrig. Man müsse die Frage stellen, wie viel jeder selbst zu seinem Einkommen beitragen könne und wie viel staatliche Hilfen er dann für den Lebensunterhalt brauche. Brünger befürchtete, dass Mindestlöhne gerade die weniger Qualifizierten vom Arbeitsmarkt ausschließen könnten.
„Geringe Löhne hindern Menschen daran, erwachsen zu werden“, meinte ein Besucher in der mehr als einstündigen Diskussion: „Man kann nicht selbst über seine Ausgaben bestimmen, sondern muss alle Wünsche erst einmal beim Sozialamt beantragen.“ Der Lohn sei eine Frage der Menschenwürde, meinte ein anderer, erst danach dürfe es um die Wirtschaftlichkeit der Unternehmen gehen. Betriebsräte beklagten, dass auch bestehende Tarifverträge durch den Einsatz von Leiharbeitern ausgehebelt würden. Zudem hätten Minijobs gerade im Einzelhandel zur Vernichtung existenzsichernder Arbeitsplätze geführt.
„Würde des Menschen heißt auch, dass man sich von seiner Arbeit selbst ernähren kann“, forderte Christel Humme in ihrem Schlusswort: „Wir können nicht mit chinesischen Löhnen konkurrieren, weil die Lebenshaltungskosten deutsch bleiben.“ Der Dienstleistungssektor werde immer größer, und das seien vor allem Frauen-Arbeitsplätze. Auch deshalb werde sie sich weiter für einen gesetzlichen Mindestlohn einsetzen.

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