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Forschung im Bereich Nanomaterialien

zu Protokoll gegebene Rede von René Röspel zum LINKEN-Antrag "Wirksamen Verbraucherschutz bei Nanostoffen durchsetzen" am 09. Juni 2011 im Deutschen Bundestag

09.06.2011

Im aktuellen Science-Magazine findet sich ein Artikel mit dem Titel "DNA Nanotechnology Grows Up". Frei übersetzen könnte man dies auch mit: Die DNA-Nanotechnologie wird erwachsen. In der DNA-Nanotechnologie, einer Untergruppe der Nanotechnologien, ordnen Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler DNA-Moleküle neu und entwerfen so Strukturen. Bekannt sind zum Beispiel die nanometerkleinen Smileys. Dies amüsiert die Betrachter, eine Anwendung für diese Technik fehlte aber lange Zeit.


In dem zitierten Artikel wird nun beschrieben, wie innerhalb der letzten zwanzig Jahre aus dieser zu Beginn nicht ernstgenommenen Technologie langsam reale Produkte entstehen. So werden damit heute Strukturen von Proteinen abgebildet und das Innenleben von Zellen nachvollzogen. Für die nahe Zukunft erwartet man außerdem weitere Anwendungen im Medizinbereich.


An diesem Teilbereich zeigt sich exemplarisch, wie aus der Nanotechnologie-Grundlagenforschung mittlerweile Anwendungen und Produkte entstehen. Als Forschungspolitiker werde ich mich in meiner Rede aber auf den Forschungsteil des hier vorliegenden Linken-Antrags konzentrieren.


Die Chancen der Nanotechnologie sind in Deutschland früh erkannt worden. Bereits mit Beginn der 90er-Jahre förderte das Bundesministerium für Bildung und Forschung die Nanotechnologie. Heute steht Deutschland mit circa 400 Millionen Euro im Jahr bei den öffentlichen Forschungsförderungen weltweit auf Platz vier, hinter den USA, China und Russland.


Uns war aber von vornherein klar, dass diese neue Technologie nur Akzeptanz erfahren kann, wenn transparent und nachvollziehbar Chancen und Risiken untersucht und thematisiert werden. Unter sozialdemokratischer Regierungsbeteiligung haben wir 2009 beschlossen, dass bis 2012 10 Prozent der Bundesförderung für Nanotechnologien in die Sicherheitsforschung fließen sollen. Mit einem aktuellen Anteil von über 6 Prozent ist diese Forderung noch nicht erreicht. Wir liegen im internationalen Vergleich aber selbst mit dem aktuellen Prozentsatz klar an der Spitze. Richtig ist, worauf auch die Linken in ihrem Antrag verweisen, dass wir im Bereich der Nanowissenschaften immer noch über große Wissensdefizite verfügen. Insbesondere die Sicherheitsforschung muss deshalb kontinuierlich gefördert bzw. ausgebaut werden.

Notwendig ist auch, endlich eine Einigung auf eine gemeinsame Definition für Nanomaterialien zu erreichen. Insbesondere zur Etablierung einheitlicher Standards und Messmethoden sowie zur Umsetzung von Richtlinien ist dies unabdingbar. Wenn man sich die bereits existierenden Definitionen der ISO, der OECD oder der EU-Kosmetikverordnung anschaut, fällt auf, dass dort fast immer von einer Partikelgröße zwischen 1 bis 100 Nanometern gesprochen wird. Die im Antrag der Linken geforderten 0,5 bis 300 Nanometer erscheinen mir zur Etablierung einer einheitlichen Definition deshalb wenig hilfreich. Hier ist aber die Bundesregierung in der Bringschuld, einen Bundestagsbeschluss umzusetzen. Die Forderung, eine einheitliche Definition voranzubringen, haben wir bereits in unserem Antrag 16/12695 gestellt.


Die Forderung der Linken nach einer stärkeren Priorisierung der Forschungsförderung auf die Themen Klima, Energie und Gesundheit mag erst einmal einleuchten. Wir halten die Einteilung aber für nicht praktikabel. Nicht eindeutig abgrenzbare Bereiche wie "Klima" oder "Gesundheit" mit fließenden Übergängen in andere Themen mit einer starren Mindestquote zu versehen macht keinen Sinn. Außerdem fällt bei der starren Einteilung der Linken auf jeweils 25 Prozent der Mittel die so wichtige Grundlagenforschung vollkommen unter den Tisch, die sich eben nicht per se einem Thema zuordnen lässt. Auf dem letzten Leibniz-Abend berichtete ein Wissenschaftler zum Beispiel über die Entwicklung einer neuen Klebetechnik. Obwohl die Forschung auf ganz andere Bereiche abzielte, wird diese Erkenntnis heute im Gesundheitsbereich eingesetzt. Liebe Kolleginnen und Kollegen der Linken, diese Entwicklung wäre nach Ihren Überlegungen vielleicht nie entstanden. Anwendungsbezug in der Forschung ist wichtig. Dies erzielen wir aber nur, wenn wir den Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftlern in der Grundlagenforschung die nötigen Freiheiten und Mittel zukommen lassen. Die starke Reglementierung im Antrag der Linken halte ich deshalb für eher kontraproduktiv.


Eine Reihe von Forderungen aus dem Linken-Antrag wie zum Beispiel ein öffentliches Register für Nanoprodukte oder -materialien ist nachvollziehbar und unterstützenswert, aber eben auch nicht neu. Um sichere Produkte zu erhalten, müssen wir weiter kontinuierlich in die Forschung investieren. Insbesondere für die Grundlagenforschung ist die staatliche Unterstützung unabdingbar. Wir als Sozialdemokraten werden dies auch weiterhin fördern und einfordern.

Die Schwerpunkte meiner Arbeit: