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Neue Impulse für die Zusammenarbeit - Rede zum Dt-Israelischen Jahr der Wissenschaft

12.11.2008

Zu Protokoll zu gebende Rede zum Antrag der Koalition "Im Deutsch-Israelischen Jahr der Wissenschaft und Technologie 2008 neue Impulse für die Zusammenarbeit setzen" vom 12. November 2008

Am letzten Wochenende jährte sich zum 70. Mal der Jahrestag der sogenannten „Reichspogromnacht“. In dieser Nacht im Jahre 1938 zeigte sich für alle Welt deutlich die hässliche Fratze des deutschen Nationalsozialismus. Aber die Diskriminierung von jüdischen Mitbürgerinnen und Mitbürgern im Deutschen Reich wurde bereits mit der Machtergreifung Hitlers 1933 institutionalisiert. Dies betraf natürlich auch die vielen jüdischen Wissenschaftler in Deutschland.

Durch das „Gesetz zur Wiederherstellung des Berufsbeamtentums“ vom April 1933, das die Entlassung von „regimekritischen“ Beamten vorsah, setzte in den wissenschaftlichen Institutionen eine Entlassungswelle ein, von der etwa 20 Prozent der Universitätsangestellten betroffen waren. Dies führte dazu, dass so renommierte jüdische Wissenschaftler wie Albert Einstein, Theodor W. Adorno oder Victor Klemperer entlassen wurden und meist emigrierten. Viele weniger bekannte Wissenschaftler jüdischen Glaubens verloren aber nicht nur Ihre Arbeitsstellen, sondern später auch ihr Leben.

Vor diesem Hintergrund ist es besonders bemerkenswert, dass bereits Ende der 50iger Jahre eine erste offizielle Delegation der Max-Planck-Gesellschaft (MPG) vom Weizmann Institut (WIS) nach Israel eingeladen wurde. Der Kontakt zwischen der MPG und dem WIS markierte den Beginn einer kontinuierlichen und langfristigen wissenschaftlichen Zusammenarbeit beider Länder und trug wesentlich zum Aufbau der Beziehungen zwischen Israel und Deutschland bei. Besiegelt wurde die Kooperation zwischen der MPG und dem WIS endgültig mit dem bis heute geltenden Minerva-Vertrag von 1964. Die Aufnahme diplomatischer Beziehungen zwischen der Bundesrepublik Deutschland und Israel sollte erst ein Jahr später 1965 folgen.

Seit dem hat sich die wissenschaftliche Kooperation ständig verstärkt. Neben dem Minerva-Vertrag ist dabei insbesondere die Deutsch-Israelische Stiftung für wissenschaftliche Forschung und Entwicklung (GIF) zu nennen. Diese 1986 von beiden Regierungen gegründete Stiftung fördert jährlich mittlerweile ca. 40 Projekte. Anträge können dabei nur von israelischen und deutschen Forschern gemeinsam eingereicht werden. Unsere SPD-Bundesforschungsministerin Edelgard Bulmahn hat sich Anfang 2000 darüber hinaus insbesondere für das heutige Nachwuchswissenschaftlerprogramm bei GIF eingesetzt. Allein bis 2006 wurden hierdurch 164 Nachwuchsprojekte gefördert.

Israel besitzt heute eine exzellente Wissenschaftslandschaft. Mit Ausgaben um die 4,65 Prozent des Bruttoinlandsproduktes (BIP) gibt es prozentual weltweit den höchsten Betrag für Forschung und Entwicklung aus. Ein sichtbarer Erfolg dieser Gelder sind die vier Israelis, die bisher einen Nobelpreis für wissenschaftliche Erkenntnisse erhalten haben.

Israel ist assoziiertes Mitglied beim 7. Forschungsrahmenprogramm der Europäischen Union und kann somit an den aktuellen Programmen teilnehmen. Dieses Jahr hat Israel zum Beispiel 24 erfolgreiche Bewerbungen um finanzielle Förderung beim „Europäischen Forschungsrat“ für Grundlagenforschung erhalten. Pro Einwohner sowie gemessen am BIP steht es damit unter allen Bewerbernationen auf Platz eins, weit vor Deutschland, Großbritannien oder Frankreich. Auch dieser Erfolg zeigt, wie exzellent die israelische Forschung ist.

Letztes Jahr konnte ich, zusammen mit einigen Kollegen, bei einer Ausschussreise vor Ort einige Forschungsstrukturen besichtigen. Besonders beeindruckt hat mich dabei die deutsch-israelische Zusammenarbeit im Bereich der Wassertechnologie und Umweltforschung.
Israel ist ein wasserarmes Land. Deshalb unterstützt Deutschland Vorhaben, die die Verfügbarkeit und Qualität von nutzbarem Wasser erhöhen und verbessern. Hierbei wird vermehrt auch mit israelischen Nachbarstaaten zusammengearbeitet.

So besuchten wir zum Beispiel das multilaterale BMBF-Projekt zum integrierten Wassermanagement am Totem Meer. An diesem durch das BMBF finanzierten Projekt arbeiten deutsche, israelische, jordanische und palästinensische Wissenschaftler zusammen. Dies ist ein gutes Beispiel dafür, dass scheinbar unüberbrückbare staatliche Gegensätze auf der Wissenschaftsebene viel leichter überwunden werden können.

Neben dem Wassermanagement gibt es weitere Bereiche, die ein gemeinsames Problem für die gesamte Region darstellen und nachhaltig nur multilateral bearbeitet werden können. In unserem Antrag haben wir als mögliche wissenschaftliche Kooperationsprojekte deshalb eine nachhaltige Landnutzung, die Zurückdrängung der Desertifikation und die Erhaltung der Biodiversität der Region genannt.
Ich freue mich, dass die heutige Leitung des BMBF den von Bundesforschungsministerin Bulmahn eingeschlagenen Weg der verstärkten Förderung von Nachwuchswissenschaftlerinnen und –wissenschaftlern aus Israel und Deutschland besonderer Bedeutung beimisst. Die Auslobung eines Förderpreises für leistungsstarke deutsch-israelische Teams steht damit auch in einer sozialdemokratischen Tradition.

Daniel Barenboim hat mit seinem „West-Eastern Divan Orchestra“ im Bereich der Musik vorgemacht, wie wichtig und erfolgreich die Zusammenarbeit zwischen jungen Menschen verschiedener Kulturen und Religionen ist. Man sollte meiner Meinung nach deshalb prüfen, ob die bestehenden Förderungen nicht auch auf Nachwuchswissenschaftlerinnen und –wissenschaftler aus den Nachbarländern Israels ausgeweitet werden könnte.

Trotz unserer gemeinsamen leidvollen Geschichte ist Deutschland mittlerweile ein wichtiger Partner Israels. In der wissenschaftlichen Zusammenarbeit stehen wir hinter den USA auf Platz zwei. Gleichzeitig haben wir ein hohes Ansehen bei den arabischen Ländern der Region. Dies ist eine Chance, die wir verstärkt nutzen sollten. Denn so wie die deutsch-israelische wissenschaftliche Zusammenarbeit zur Versöhnung unserer beiden Länder beigetragen hat, so hoffe ich, wird die wissenschaftliche Zusammenarbeit zwischen Israel und seinen Nachbarn ebenfalls zu einer stärkeren Annäherung beitragen.

Wissenschaft kann Brückenbauer sein! Diesem Motto fühlen wir uns als Sozialdemokraten auch weiterhin im Nahen Osten verpflichtet.

Die Schwerpunkte meiner Arbeit: