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Mehr Geld für Bildung und Forschung - Rede zu Haushalt des Bundesministeriums

Haushaltberatungen zum Einzelplan 30 "Bundesministerium für Bildung und Forschung" (Drs. 16/6420 und 16/6423)

27.11.2007


An dieser Stellen können Sie sich die Rede auf Bundestags-TV anschauen.


René Röspel (SPD):
Herr Präsident! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Wir haben schon von vielen meiner Vorredner Gutes, Sinnvolles und sicherlich auch Erfreuliches über den Haushalt gehört.

(Ute Kumpf [SPD]: Jetzt kommt das Beste!)

Das gilt auch für die Redner der Opposition. Ich sage ausdrücklich: Frau Flach, das war fair, wie Sie das bewertet haben. Chapeau! - Ihr Kollege Barth kann an dieser Stelle sicherlich noch etwas dazulernen.

(Uwe Barth [FDP]: Das gilt doch wohl für uns alle! - Steffen Kampeter [CDU/CSU]: Das gilt aber auch für manche Ihrer Kollegen da drüben, oder?)

Ihre Aussage, dass der Haushalt für Bildung und Forschung einen Umfang von 9,5 Milliarden Euro hat, der für Arbeit und Soziales hingegen von 125 Milliarden Euro, kann man so nicht stehenlassen. Denn allein der Zuschuss des Bundes zur Rentenversicherung beläuft sich auf 80 Milliarden Euro.

(Otto Fricke [FDP]: Ja, und?)

- Wenn Sie sagen: „Ja, und?“, Herr Fricke, dann müssen Sie den Rentnerinnen und Rentnern mitteilen, dass entweder ihre Rente gekürzt oder der Beitragssatz erhöht wird. Hier machen Sie es sich etwas einfach.

(Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten der LINKEN - Otto Fricke [FDP]: Nein! So ist das nicht! Sie machen es sich einfach!)

Der Kollegin von den Grünen muss ich sagen: Wenn Sie im Haushalt keinen Hinweis darauf gefunden haben, dass wir mehr für den Klimaschutz tun, dann sollten Sie ihn sich wohl einmal genauer ansehen. Einfach zu fordern, dass die Steinkohlesubventionen noch stärker gekürzt werden sollten, ist sehr einfach und populistisch. Die Steinkohlesubventionen befinden sich nämlich schon in einem regelrechten Sinkflug.

(Widerspruch beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Hier müssen wir im Sinne derer, die in dieser Branche abhängig beschäftigt sind, eine sozialverträgliche Regelung treffen. Wenn Sie fordern, dass wir noch stärkere Kürzungen vornehmen sollten, dann müssen Sie sich auch vor die Familien im Ruhrgebiet stellen und ihnen sagen: Euer Arbeitsplatz ist in einigen Wochen weg.

(Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten der CDU/CSU)

Das brauchen Sie aber nicht zu tun, weil Sie Landeslistenabgeordnete sind.

Vizepräsident Dr. Hermann Otto Solms:
Herr Kollege Röspel, erlauben Sie eine Zwischenfrage der Kollegin Lührmann?

René Röspel (SPD):
Bitte schön.

Vizepräsident Dr. Hermann Otto Solms:
Da sie selbst gerade erst das Wort hatte, sollte das allerdings die Ausnahme sein. - Bitte schön.

Anna Lührmann (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN):
Da ich direkt angesprochen worden bin, muss ich an dieser Stelle nachfragen: Herr Kollege, ist Ihnen bewusst, dass die Weltmarktpreise für Steinkohle deutlich gestiegen sind und dass die rot-grüne Koalition mit RAG die Vereinbarung getroffen hat, dass dann, wenn die Weltmarktpreise steigen - das ist ja auch logisch -, geringere Subventionen gezahlt werden? Ist Ihnen bewusst, dass Ihre Koalition von dieser Vereinbarung abgewichen ist, indem sie nicht auf diese Regelung bestanden hatte, und damit allein in diesem Haushaltsjahr auf Zuschüsse in Höhe von mehr als 700 Millionen Euro verzichtet?

René Röspel (SPD):
Das ist mir sehr wohl bewusst. Das hat mit Verlässlichkeit und mit getroffenen Absprachen zu tun. Wenn die Weltmarktpreise sinken würden, wäre die Situation nämlich wieder eine andere; dann müsste man nachfinanzieren.

(Widerspruch beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN - Otto Fricke [FDP]: Nein! Wie kann man so etwas nur behaupten? - Ulrike Flach [FDP]: Eben nicht! Das ist falsch! Das stimmt nicht!)

Von daher glaube ich, dass Ihre Forderung eine sehr populistische Forderung ist, die sich immer dann sehr einfach aufstellen lässt, wenn man den Leuten, die davon in erster Linie betroffen sein würden, nicht gegenübersteht.

(Beifall bei Abgeordneten der SPD)

Ohne allzu viel korrigieren zu wollen, möchte ich auch noch der Kollegin Reiche einen kurzen Hinweis geben: Das Konzept zum Weiterbildungssparen hängt nicht im Finanzministerium, sondern im Wirtschaftsministerium fest. Dort kommen wir nicht weiter, weil es im Hinblick auf die Vermögensbildung Probleme gibt.
Wir haben heute schon über sehr viele Themen diskutiert.

(Uwe Barth [FDP]: Ja! Sie haben bis jetzt aber nur dummes Zeug beigetragen!)

Wir sind uns sicherlich einig, dass Investitionen in Bildung und Forschung unverzichtbar sind. Auch der Einsatz der öffentlichen Hand ist in diesem Bereich unverzichtbar; denn sie - leider nicht die Wirtschaft - ist derjenige Akteur, der die Grundlagenforschung, die in der Regel unter betriebswirtschaftlichen Gesichtspunkten nicht erfolgreich ist, zum größten Teil finanziert. Lassen Sie mich ein paar Beispiele anführen, um das konkret zu belegen:
Erstes Beispiel. Bundesforschungsministerin Bulmahn hat im Jahr 2005 den Bau von PETRA III auf den Weg gebracht. Gestern hatte Frau Bundesministerin Schavan die Gelegenheit, in Hamburg das Richtfest für die Experimentierhalle von PETRA III zu feiern.

(Beifall bei Abgeordneten der SPD)

Das ist ein erfreuliches Beispiel für Kontinuität im Dienst der Sache. PETRA III wird die weltweit stärkste Speicherringquelle für Synchrotronstrahlung sein. Mit harter Röntgenstrahlung werden künftig kleinste Proben untersucht werden können. Das ist noch Grundlagenforschung. Anwendungspotenziale sind aber vorhanden. Der ganze „Spaß“ kostet uns 225 Millionen Euro. 90 Prozent davon zahlt der Bund, 10 Prozent das Land Hamburg. Die Wirtschaft beteiligt sich nicht an diesen Kosten.
Das zweite Beispiel. Morgen lädt das Alfred-Wegener-Institut für Polar- und Meeresforschung zur Feier „25 Jahre Forschungs- und Versorgungsschiff Polarstern“ ein.

(Otto Fricke [FDP]: Wer zahlt denn die Feier?)

Man könnte sich fragen: Warum muss ein Steuerzahler, der im Sauerland oder in Bayern lebt, ein Polarforschungsschiff finanzieren? Die Antwort ist schnell gegeben: Dieses Schiff liefert wichtige Erkenntnisse, zum Beispiel in den Bereichen Geologie, Biologie, Meteorologie, Geophysik, Chemie und Glaziologie. Diese Erkenntnisse sind für die Wirtschaft möglicherweise nicht in jedem Fall interessant. Aber für die Gesellschaft und für viele andere Länder, die davon profitieren, sind sie unverzichtbar. Daher ist es Aufgabe des Staates, sich hier zu engagieren.

(Beifall bei der SPD)

Warum fördert der Staat die Erforschung des GMR bzw. des Riesenmagnetowiderstandseffekts? Nicht nur, damit Professor Grünberg vor einigen Wochen der Nobelpreis zuerkannt werden konnte, sondern auch, um dafür zu sorgen, dass schnellere Computer entwickelt werden; dazu hat diese Technologie beigetragen.

Im Bundesforschungsbericht 2006 wird zu Recht festgestellt: Der Erfolg von Produkten „made in Germany“ war insbesondere auf die staatliche, mit der Wirtschaft abgestimmte Grundlagenforschung zurückzuführen.

Allerdings haben wir hier im Hause und in den Ausschüssen immer wieder gemeinsam festgestellt, dass es Probleme beim Übergang von der Forschung in die Anwendung gibt. Da hapert es. Da gibt es eine strukturelle Lücke. Wir haben zwar eine konkurrenzfähige Grundlagenforschung - ich glaube, das steht außer Frage -, aber häufig fehlt den akademischen Forschungsergebnissen die notwendige Reife für eine wirtschaftliche Umsetzung in Produkte.

An diesem Punkt hat die SPD angesetzt. Kollege Klaus Hagemann hat schon angedeutet, dass wir die Initiative ergriffen haben, um mit der Validierungsforschung diese strukturelle Innovationslücke zwischen Forschungsergebnis und anwendbarem Produkt zu schließen. Zielsetzung ist eine schnellere Umsetzung von Wissen in marktfähige Produkte und Verfahren. Dass die Haushälter das auf den Weg gebracht haben, dafür danke ich ihnen ausdrücklich noch einmal.

(Beifall bei der SPD)

Der Haushaltsaufwuchs ist gut und erfreulich. Es geht aber nicht nur um die Quantität - das ist die eine Sache -, sondern auch um die Qualität. Darauf achten wir. Es ist nicht nur die Frage, wie viel, sondern wofür man Geld ausgibt.

(Steffen Kampeter [CDU/CSU]: Das ist immer so!)

Die Qualität von Forschung kann nur gesichert werden, wenn man weiter in Bildung und Ausbildung investiert. Das sind die zentralen Pfeiler unseres Erfolgs und Wohlstands.

Die SPD hat dafür gesorgt, dass der Bund seine Verantwortung wahrnimmt. Wir haben einerseits vor einigen Jahren zusammen mit den Grünen ein Programm mit einem Umfang von 4 Milliarden Euro zur Errichtung von Ganztagsschulen auf den Weg gebracht. Auf der anderen Seite gehen wir auch mit der BAföG-Erhöhung den richtigen Weg und investieren mehr in Bildung und Ausbildung. Wir wollen Bildung unabhängig von der Herkunft. Die Kollegin Schmidt hat mich in der letzten BAföG-Debatte mit ihrem Satz beeindruckt, wir müssten mit dem Prinzip brechen, dass aus Akademikerkindern Akademiker und aus Arbeiterkindern Arbeiter werden. Das ist eine Verschwendung von Ressourcen und ist ungerecht.

(Beifall bei der SPD)

Mit Entsetzen schaue ich deswegen in einige Bundesländer, die genau das Gegenteil machen. Über die Einführung von Studiengebühren in Nordrhein-Westfalen wird wieder eine soziale Verschärfung herbeigeführt.
Ich bin froh darüber - das war ein wichtiger Erfolg -, dass Vizekanzler Müntefering in Meseberg das Programm „Jugend in Arbeit und Ausbildung“ in der Koalition durchgesetzt hat.

(Beifall bei der SPD)

Wir wollen nicht hinnehmen, dass immer mehr Jugendlichen der Zugang in diese Gesellschaft dadurch verwehrt wird, dass sie keine Ausbildung bekommen. Jeder einzelne Jugendliche ohne Ausbildungsplatz ist ein Skandal, aber wenn 300 000 Jugendliche Altbewerber sind, also schon im letzten Jahr keine Ausbildungsstelle bekommen haben, dann besteht die Gefahr, dass sich hier sozialer Sprengstoff entwickelt. Für uns als SPD bleibt das Thema auf der Tagesordnung.

Der Haushalt ist in Ordnung. Wir werden mit Olaf Scholz und zusammen mit der Ministerin an den Problemfeldern Altbewerber, Ausbildungsplätze und Chancen der Jugend weiterarbeiten. Wir freuen uns, dass wir ab morgen für den nächsten Haushalt wieder gut arbeiten können.
Vielen Dank.

(Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten der CDU/CSU - Zuruf von der FDP: Sechs! Setzen!)

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