Auch Städte müssen sich um Pflege kümmern

27.06.2004

27. Juni 04

Ennepe-Ruhr. Trotz steigender Kosten und aller „Horrormeldungen über Milliarden-Löcher“ seien die Zahlungen der Pflegeversicherung zumindest bis zum Jahr 2007 gesichert. Das sagte die Pflege-Expertin der SPD-Bundestagsfraktion, Hilde Mattheis, bei einer „Fraktion-vor-Ort“-Veranstaltung, zu der die beiden heimischen Abgeordneten Christel Humme und René Röspel in die Begegnungsstätte der AWO Welper eingeladen hatten. Trotzdem müsse schon heute überlegt werden, „wie wir mehr Geld in die Kasse bekommen“, machte Mattheis deutlich, denn die Zahl der Pflegebedürftigen werde weiter ansteigen, weil die Menschen immer älter werden.

Die „Welt der Älteren“ habe sich verändert, sagte Christel Humme. 39 Prozent der über 80-Jährigen „kommt nicht mehr allein zurecht“. Aber auch „die Welt der Jungen“ habe sich dramatisch verändert. Es gebe immer mehr Singles und immer weniger Familien mit Kindern. Die „klassische Rollenteilung“, dass die Kinder ihre Eltern pflegen, werde deshalb immer weniger auftreten, in Zukunft sei mehr professionelle Pflege nötig.

Hilde Mattheis erinnerte daran, dass die Pflegeversicherung vor zehn Jahren als fünfte Säule der Sozialversicherung eingeführt wurde. Seitdem sei der Beitragssatz trotz steigender Kosten bei 1,7 Prozent stabil geblieben. Kassiert wird aber nur von Arbeitnehmern. Mattheis plädierte für die Einführung der „Bürgerversicherung“ auch in der Pflege, damit alle Menschen entsprechend ihren Einkommen zu den Beiträgen heran gezogen werden, seien es nur Arbeitslöhne, Zinseinkünfte, Dividenden oder Mieteinnahmen.
Ziel der Pflege sei es, möglichst vielen Menschen ein selbstbestimmtes Leben zu ermöglichen. Deshalb habe die ambulante Pflege Vorrang vor der Heimunterbringung. Dazu müsse die nötige Infrastruktur geschaffen werden. Die Kommunalpolitiker forderte sie auf, im Rahmen einer „Sozialraumplanung“ für altengerechte Städte zu sorgen.

In der lebhaften Diskussion wurde unter anderem gefordert, dass nicht nur die Grundpflege bezahlt werden müsse, sondern auch Zeit für soziale Betreuung bleibe. Auch auf die wachsende Zahl der Demenzkranken müsse reagiert werden. Caritas-Verband und AWO bemängelten übereinstimmend die ständig angewachsene Bürokratie: „Wenn wir die Zeit, die wir dafür verbrauchen, in die Pflege stecken könnten, kämen wir vielleicht sogar mit dem Geld aus.“