Antidiskriminierung: Arbeitgeber an ihre Vereinbarungen erinnern

16.02.2005

16. Februar 05

Hagen/Ennepe-Ruhr.Als „völlig überzogen und interessengeleitet“ bezeichnet der heimische SPD-Bundestagsabgeordnete René Röspel die Kritik von Arbeitgeberverbands-Geschäftsführer Horst Projahn am neuen Antidiskriminierungsgesetz (ADG) (wk berichtete am 12. Februar): „Wenn Herr Dr. Projahn nicht nur die Kritik seines Bundesverbandes vorgetragen, sondern auch den Gesetzestext gelesen hätte, wüsste er, dass es keine Prozessflut und auch nicht ,noch mehr Bürokratie und Kosten' geben wird.“ Denn die im ADG enthaltenen Regelungen gebe es schon seit 1980 im Bürgerlichen Gesetzbuch für den Fall der Geschlechter-Diskriminierung. Sie würden jetzt nur auf andere Diskriminierungs-Bereiche ausgeweitet.
Ganze 112 Prozesse seien seit Inkrafttreten des Gesetzes vor einem Viertel Jahrhundert geführt worden, 54 davon erfolgreich. Natürlich werde es Klagen aufgrund des neuen ADG geben, meint Röspel: „Der Gesetzgeber sollte auch kein Gesetz machen, auf das sich niemand berufen kann. Aber von einer drohenden Klageflut kann keine Rede sein.“ Ziel des Gesetzes sei es, Benachteiligungen aus Gründen der Rasse, der ethnischen Herkunft, des Geschlechts, der Religion und Weltanschauung, der Behinderung, des Alters oder der sexuellen Identität zu verhindern. Privatrechtliche Verhältnisse, die ein besonderes Nähe- oder Vertrauensverhältnis begründen, würden durch das Gesetz überhaupt nicht erfasst, erläutert Röspel: „Herr Dr. Projahn kann sich also weiterhin frei für eine persönliche Sekretärin oder einen Rechtsanwalt entscheiden, ohne mit einer Diskriminierungs-Klage rechnen zu müssen.“
Auch die seit 25 Jahren geltende Umkehr der Beweislast - der Arbeitgeber muss beweisen, dass er nicht diskriminiert hat - führt laut Röspel nicht zu einem Problem: „Dass aus der Luft gegriffene Behauptungen zu Prozessen führen, ist durch die Rechtsprechung der Arbeitsgerichte in den letzten 25 Jahren widerlegt worden. Es gibt keinen Grund, dass die Gerichte nicht auch in Zukunft vernünftig und praktikabel entscheiden.“
Kernpunkt des Gesetzes sei es nicht, nur die Diskriminierung zu verbieten, sondern die Sozialpartner mit einzubinden. Gewerkschaften, Arbeitgeber, Beschäftigte und Betriebräte seien nun aufgefordert, „aktiv die Antidiskriminierungskultur in ihrem Betrieb mitzugestalten“, fordert Röspel.
Dr. Projahn müsse sich „eigentlich noch daran erinnern“, meint Röspel, dass die Bundesregierung und die Arbeitgeber vor drei Jahren eine freiwillige Vereinbarung zu genau diesen Fragen getroffen hätten: „Wie so oft zuvor haben die Arbeitgeber aber ihr Versprechen nicht eingelöst.“ Deshalb müsse man mit dem Gesetz jetzt „nachhelfen“.