Musterländle bricht Hartz-IV-Vereinbarung

23.02.2005

Hagen. Zum Interview mit dem CDU-Landtagsabgeordneten Helmut Diegel (Wochenkurier Hagen vom 19. 2.) schreibt der heimische SPD-Bundestagsabgeordnete René Röspel:
Es freut mich, dass Herr Diegel jetzt aus eigener „Betroffenheit“ die Familienpolitik entdeckt hat. Ich stimme mit ihm überein, dass wir in Deutschland viel mehr in Betreuung und Bildung investieren müssen. Die rot-grüne Bundesregierung und die rot-grüne Landesregierung haben das zu ihrem Schwerpunkt gemacht. Offenbar mit einigem Erfolg, wie Herr Diegel selbst vor wenigen Wochen bei seinem Besuch in der Hohenlimburger Heideschule eingestanden hat.
Die jetzt vom Bund voran getriebene Betreuung der unter Dreijährigen, die unsere Städte finanzieren müssen, wird aus Einsparungen durch Hartz IV bezahlt. Der Bund hat versprochen, dass es dadurch nicht zu Mehrbelastungen der Städte kommen wird. Und er wird sein Versprechen halten.
Für Herrn Diegel ist „längst deutlich erkennbar“, dass die Einsparungen aus Hartz IV nicht reichen. Ich weiß nicht, woher er diese Erkenntnis hat. Aber selbst wenn diese Behauptung stimmen sollte, bekommen die Kommunen das zugesagte Geld. Im Gesetz ist nämlich ausdrücklich vorgesehen, dass die geplanten mit den tatsächlichen Entlastungen verglichen werden und der Bund nötigenfalls „nachbessert“. Diese Revisionen werden noch in diesem Jahr erfolgen.
Auf den Bund ist in dieser Frage also Verlass, was man allerdings vor allem von den CDU-geführten Bundesländern nicht behaupten kann. Der Bund darf das Geld nämlich aus verfassungsrechtlichen Gründen nicht direkt an die Städte geben. Deshalb wird es an die Länder übertragen, die sich im Bundesrat verpflichtet haben, diese Summen vollständig an ihre Städte weiter zu geben. Dass dies offenbar nicht so geschieht, hat die Präsidentin des Deutschen Städtetages, Petra Roth (CDU), vor wenigen Tagen in einem Interview angeprangert. Gerade das „CDU-Musterländle“ Baden-Württemberg tut sich dadurch hervor, dass es die Zuweisungen zwar weitergibt, auf der anderen Seite aber die Schlüsselzuweisungen an die Städte kürzt. Hier wird die Landeskasse entgegen aller Vereinbarungen auf Kosten der Städte saniert.
Das alles weiß der finanzpolitische Sprecher der CDU-Landtagsfraktion oder müsste es zumindest wissen. Dass er es im Wahlkampf verschweigt, kann eigentlich nur bedeuten, dass Helmut Diegel die kommunalfeindliche Politik seiner Parteifreunde in Süddeutschland billigt und insgeheim schon für Nordrhein-Westfalen nach der Wahl plant. Zusammen mit dem im WK-Interview angekündigten massiven Subventionsabbau würde dieses Verweigern von Bundeszuschüssen alle Städte in unserem Land ins Mark treffen. Babysitter oder Tagesmütter, Betreuungsplätze auch in den Abendstunden oder an Wochenenden, Ganztagsschule und Studium könnten sich dann nur noch Besserverdienende leisten.