ADG steigert Lebensqualität und Produktivität

04.05.2005

4. Mai 05

Hagen/Ennepe-Ruhr.Wenn es um die Wirtschaft gehe, würden die USA und Großbritannien gern als Vorbilder hingestellt, meinte die stellvertretende DGB-Vorsitzende Dr. Ursula Engelen-Kefer bei ihrem Besuch in Witten: „Diese beiden Staaten sind aber auch Vorreiter bei der Antidiskriminierungs-Gesetzgebung.“ Dort habe man schon längst erkannt, dass ein diskriminierungsfreies Arbeiten miteinander auch betriebswirtschaftlich sinnvoll sei, während die deutsche Wirtschaft am geplanten Antidiskriminierungsgesetz (ADG) zwar viel zu nörgeln, aber keine überzeugenden Argumente hätten. Das habe eine Anhörung im Bundestag deutlich gemacht, meinte Engelegen-Kefer.
Die Gewerkschafterin sprach bei einer weiteren „Fraktion-vor-Ort“-Veranstaltung, zu der die beiden SPD-Bundestagsabgeordneten Christel Humme und René Röspel mit der provokanten Frage „Schutz vor Benachteiligung = Abbau von Arbeitsplätzen?“ in das „Haus Witten“ eingeladen hatten.
Christel Humme nannte die Gleichstellung „ein Menschenrecht, für das wir immer wieder kämpfen werden“. Wenn CDU-Rüttgers lediglich die entsprechende EU-Richtlinie 1:1 umsetzen wolle, dann „fallen die Behinderten raus“, machte Humme deutlich. Schwerpunkt des ADG sei zunächst die Diskriminierung in Wirtschaft und Beruf. Eine freiwillige Verpflichtung der Arbeitgeberverbände habe bisher keinen Fortschritt gebracht. Dann solle das ADG auch im Zivilrecht wirken, indem zum Beispiel in privaten Renten- oder Krankenversicherungen keine geschlechtsspezifischen Tarife mehr erlaubt sind. Während Opposition und Wirtschaft den Gesetzentwurf ablehnten, gehe es den Betroffenen nicht weit genug.
Diskriminierend sei zum Beispiel, dass in den Betrieben so gut wie nichts für die Fortbildung Älterer getan werde, nannte Engelen-Kefer als Beispiel. Dies sei aber keineswegs allein Schuld der Arbeitgeber: Frühverrentung und Altersteilzeit hätten dazu geführt, dass nicht einmal mehr 40 Prozent der über 55-Jährigen berufstätig sei und 60 Prozent aller Betriebe keine Mitarbeiter über 50 mehr beschäftige. Außerdem hätten über 50-Jährige „praktisch keinen Kündigungsschutz“ mehr, obwohl sie durch unterschiedliche Zuschüsse für den Arbeitgeber billiger seien als Jüngere. Engelen-Kefer: „Der Jugendwahn wird immer schlimmer.“ Das ADG gebe nun Betriebsräten die Handhabe, wirkungsvoll gegen Alterdiskriminierung vorzugehen und notfalls auch zu klagen.
Frauen müssten sich heute immer noch „weit unter Wert verkaufen“. Auch das sei ein Grund für die zunehmende Kinderlosigkeit. In den skandinavischen Ländern, aber auch in Frankreich, wo die Frauen inzwischen beruflich gleichgestellt seien, gebe es auch eine höhere Geburtenzahl.

Engelen-Kefer kam zu dem Schluss: „Das ADG kann unser aller Leben angenehmer machen und gleichzeitig die Produktivität steigern.“
In der anschließenden mehr als einstündigen Diskussion ging es vor allem um viele Einzelfragen. Es wurde aber auch deutlich, dass der Inhalt des Gesetzentwurfes noch viel zu wenig bekannt ist und deshalb den wildesten Spekulationen Tür und Tor geöffnet ist.
Dass man das Thema Diskriminierung auch aus einem völlig anderen Blickwinkel betrachten kann, bewies der Kabarettist Jürgen Scheugenpflug mit Ausschnitten aus seinem Programm „Wort und Totschlag“.