Regenerative Medizin stärken

Rede zur Beratung des FDP-Antrags "Forschung auf dem Gebiet der Regenerativen Medizin stärken" (Drs. 16/2837)

19.01.2007

René Röspel (SPD):
Als ich von meinen Mitarbeitern letzte Woche hörte, dass ein Antrag der FDP zu Regenerativer Medizin auf der Tagesordnung steht, habe ich zunächst gedacht, es handele sich um die übliche, von der FDP im Halbjahresrhythmus eingebrachte Forderung, das Stammzellgesetz zu ändern. Ein wenig überrascht war ich dann, dass Sie sich tatsächlich zunächst dem Thema Regenerative und Transplantationsmedizin und Organspende widmen. Umso enttäuschter muss der geneigte Leser allerdings dann doch sein, dass Sie aus dem großen einführenden Bereich der Transplantationsmedizin keine Schlussfolgerung ziehen oder Forderungen stellen, sondern es letztlich doch wiederum nur - einigermaßen verpackt und verklausuliert - um ihre alte Forderung nach Zulassung der embryonalen Stammzellforschung geht.

Es ist gerade zu unverschämt, dass Sie den Bereich Organmangel einerseits und Erfolge im Bereich „autologer Hautersatz“ - der körpereigene Hautzellen des Patienten nutzt und mit embryonaler Stammzellforschung nichts zu tun hat - vermischen und den Eindruck erwecken, man müsse nun endlich das Stammzellgesetz ändern.

Auf das Thema, das der Titel des FDP-Antrags nennt, eingehend, ist zu begrüßen, dass nun auch die FDP erkannt hat, welche Möglichkeiten und Chancen sich im Bereich der Regenerativen Medizin bieten. Offensichtlich hat die FDP nicht nur die Entwicklung in diesem Forschungszweig verfolgt, sondern auch die Hightech-strategie der Bundesregierung gelesen und sich inspirieren lassen. Warum die FDP dann allerdings noch Fragen stellt, die durch Handeln der Großen Koalition bereits erledigt sind, ist wohl nur mit politischem Opportunismus zu erklären.

Eine der spezifischen forschungs- und innovationspolitischen Initiativen im Rahmen der Hightechstrategie beinhaltet die Förderung von zunächst zwei „Translational Research Clustern“ auf dem hochinnovativem Feld der Regenerativen Medizin. Damit unterstützt das BMBF seit dem Jahr 2006 prototypische Umsetzungskonzepte unter Einbindung auch von Kostenträgern und Regulierungsinstanzen.

Im Rahmen der Medica hat Bundesforschungsministerin Schavan im November 2006 die Förderung von zwei Zentren für Regenerative Medizin in Berlin und Leipzig offiziell bekannt gegeben. Diese beiden Einrichtungen haben genau das zum Auftrag, was nun von der FDP in ihren Antrag gefordert wird, nämlich wissenschaftliche Erkenntnisse gezielt in die Praxis umzusetzen und Innovationen in der Regenerativen Medizin zu fördern. Durch die enge Verzahnung von Wissenschaft und unternehmerischer Umsetzung von Innovationen werden wir sicherstellen, dass für die Forschung und Anwendung der Regenerativen Medizin hinreichende Ressourcen zur Verfügung stehen.

Zitat BMBF: „Das BMBF fördert die beiden Translationszentren in den nächsten vier Jahren mit jeweils rund 15 Millionen Euro. Hinzu kommt ein Beitrag der Länder Berlin und Brandenburg für das Zentrum in Berlin und ein Beitrag Sachsens für das Zentrum in Leipzig in Höhe von rund 5 Millionen Euro. In Berlin stellt die Helmholtz-Gemeinschaft weitere 10 Millionen Euro zur Verfügung. Die Zentren sollen zu Keimzellen für Unternehmensausgründungen und zu Partnern für innovationsstarke Unternehmen werden.“

Man sollte trotz der großen Chancen im Bereich der Regenerativen Medizin aber auch keine überschwänglichen Hoffnungen auf die Heilung bisher unheilbarer Krankheiten schüren. Auch die Forscher und Unternehmer werden ansonsten mit Zielen konfrontiert, die sie niemals oder erst nach vielen Jahren erreichen können. Vor allem aber werden damit Hoffnungen bei den betroffenen kranken Menschen aufgebaut, die für die meisten nicht erfüllt werden können. Das halte ich für zynisch und unverantwortlich.

Wir sollten uns stattdessen gemeinsam darum bemühen, realistisch die Potenziale der Regenerativen Medizin zu bewerten und die Forscherinnen und Forscher dort zu unterstützen, wo der Einsatz der Mittel besonders gute Erfolge verspricht.
Ende März/Anfang April werden wir uns im Ausschuss für Bildung und Forschung erneut mit dem aktuellen Stand der Stammzellforschung befassen. Wir sind aufgefordert, aktuelle wissenschaftliche Erkenntnisse aufzunehmen und daraus dann - wenn nötig - Schlussfolgerungen zu ziehen. Es ist jedoch die Bringschuld der Wissenschaft nachzuweisen, wenn die geltenden Rahmenbedingungen für die Forschung überarbeitet werden müssen. Dies konnte allerdings auch die DFG in ihrer jüngsten Stellungnahme nicht überzeugend darlegen.

Erlauben Sie mir noch, in der Kürze der Zeit auf einzelne der im FDP-Antrag aufgestellten Forderungen einzugehen:

Letztlich geht es aber bei diesen Fragen vor allem um ethische oder religiös begründete Werthaltungen, die nicht ohne Weiteres durch „Kommunikation abgebaut“ werden können, sondern Bestandteil intensiver Diskussionen - immer auch vor dem Hintergrund wissenschaftlicher Fakten und einer umfassenden Technikfolgenabschätzung - sein müssen.
Leider wird der FDP-Antrag dieser Zielsetzung nicht gerecht. Deshalb - und weil viele Forderungen durch Regierungshandeln bereits erledigt sind - werden wir ihn ablehnen.