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Endlich Neuheitsschonfrist im Patentrecht einführen

zu Protokoll gegebene Rede von René Röspel, MdB (SPD)zu TOP 19 Antrag SPD „Neue Initiative für Neuheitsschonfrist im Patentrecht starten“ am 10. Februar 2011

10.02.2011

René Röspel (SPD):

Die Geschichte des Einsatzes für die Einführung einer Neuheitsschonfrist liest sich ein wenig wie der bekannte Kampf gegen Windmühlen. Die Bundesregierung vermittelt zwar den Eindruck, sie stehe einer solchen Einführung positiv gegenüber; gleichzeitig sehen Parlament und Öffentlichkeit jedoch keinerlei Bewegung in dieser Sache. Uns allen ist klar: Wir brauchen ein innovations- und forschungsfreundliches Patent- und Urheberrecht.


Patente sind ein zentraler Bestandteil des Wissens- und Technologietransfers, auch wenn sich die Reform von Teilen des Patentrechts möglicherweise nicht so öffentlichkeitswirksam und attraktiv in der Öffentlichkeit darstellen lässt wie andere Projekte. Der Deutsche Bundestag hat sich dennoch wiederholt mit dem Plan zur Einführung einer Neuheitsschonfrist im Patentrecht auseinandergesetzt. Worum geht es hierbei?


Wissenschaft und Forschung in Deutschland stehen durch das Nichtvorhandensein einer Neuheitsschonfrist vor einem grundlegenden Dilemma. Auf der einen Seite müssen sie Erkenntnisse zügig publizieren, um im internationalen Forschungswettbewerb zu bestehen und um ihre Exzellenz nachzuweisen. Auf der anderen Seite steht häufig jedoch auch der Wunsch nach einer ökonomischen Verwertung der eigenen Erfindung, der aber zurzeit mit der Notwendigkeit der Geheimhaltung einhergeht.


Im Zuge einer solchen Patentanmeldung sind Bearbeitungszeiten zu berücksichtigen, und nicht selten ergibt sich das konkrete Verwertungspotenzial erst nach Austausch im Kollegenkreis. Die Bearbeitungszeit für einen Patentantrag verzögert den wissenschaftlichen Austausch, und die Angst vor einem Verlust des Rechts zur Patentanmeldung behindert den offenen Austausch mit Kolleginnen und Kollegen aus der Wissenschaftlergemeinde sowie mit Unternehmen und Investoren.

Eine Neuheitsschonfrist würde sicherstellen, dass dem Erfinder eine gewisse Zeit – wir als SPD fordern eine Frist von einem Jahr unter Verweis auf internationale Erfahrungen – zur Verfügung steht, in der der Erfinder seine Erfindung bereits publik machen kann, ohne dass dies einer späteren Patentanmeldung entgegen stehen würde.


Was jeder Beobachterin und jedem Beobachter auf den ersten Blick als schlüssiges Konzept erscheint, findet bis heute in unserem Patentrecht keine Berücksichtigung. Während andere Länder bereits seit Jahren erfolgreich auf das Instrument Neuheitsschonfrist setzen, hat sich in Deutschland unter Federführung von Bundesforschungsministerin Schavan im Bereich Patentrecht für Wissenschaft und Forschung jedoch nichts getan. Dabei hat sich der Deutsche Bundestag bereits im Mai 2006 klar für die Einführung einer Neuheitsschonfrist ausgesprochen. Auf Initiative der SPD hatten die Fraktionen von CDU/CSU und SPD mit der Drucksache 16/1546 die Bundesregierung aufgefordert, die Bemühungen zur Einführung einer Neuheitsschonfrist zu intensivieren. Auch die FDP hatte in Oppositionszeiten auf Drucksache 14/9567 vom Juni 2002 die Einführung einer Neuheitsschonfrist gefordert. Zu Regierungszeiten haben beide Fraktionen offenkundig ihre Forderungen von damals vergessen. Wenn die Regierungsfraktionen nun – absehbar – unseren Antrag ablehnen werden, so ist dies kein guter Tag für ein innovationsfreundliches und Forschung förderndes Patentrecht.


Nun mag man den Regierungsfraktionen zugute halten, dass sie unseren Antrag ablehnen, da wir uns in der Opposition befinden. Dabei ist unser Antrag bewusst so angelegt, dass wir nicht die – unrealistische – Forderung nach einer sofortigen Festschreibung der Neuheitsschonfrist aufstellen – so wünschenswert dies auch wäre –, sondern ja eher zurückhaltend formulieren. Wir fordern die Bundesregierung lediglich auf, in dieser Sache endlich sichtbar aktiv zu werden. Außerdem soll die die Bundesregierung dem Bundestag Vorschläge unterbreiten, wie man das nationale und internationale Patentwesen zur Stärkung von Wissenschaft und Forschung verbessern – sprich: reformieren – könnte. Auch die verbesserte Ausstattung des Deutschen Patent- und Markenamtes sowie des Europäischen Patentamtes sollte eigentlich unstrittig sein. Ohne unseren Antrag wäre dieses Thema jedoch seit Beginn der schwarz-gelben Koalition vollkommen unter den Tisch gefallen. Wir fordern Sie auf: Beenden sie die Sonntagsreden von abstrakten Hightech-Strategie-Plänen und die Märchengeschichten über eine angeblich irgendwann einmal anstehende steuerliche Förderung von Forschung und Entwicklung. Sehen sie sich stattdessen konkret an, woran es der deutschen Wissenschaft und Forschung fehlt.


Unsere Defizite liegen nicht in der geringen Zahl von bunten Broschüren über Wettbewerbe, Strategien und Rahmenprogramme; wir haben vielmehr sehr konkrete Herausforderungen etwa im Patentrecht oder auch im Urheberrecht, über das wir hier bald diskutieren werden.


Schauen Sie noch einmal in das Gutachten zu Forschung, Innovation und technologischer Leistungsfähigkeit 2009 der Expertenkommission „Forschung und Innovation“. Hier finden Sie die Probleme, die die Regierung zügig angehen sollte, und die Neuheitsschonfrist ist hier eines, es jedoch ein besonders wichtiges Beispiel.


Auch wenn Sie heute – absehbar – allein aus koalitionspolitischen Gründen unseren Antrag ablehnen werden: Drängen Sie, verehrte Kolleginnen und Kollegen von CDU/CSU und FDP, ihre Ministerinnen und Minister zu einer Umsetzung unserer Forderungen. Wir geben das Copyright für unsere Pläne gerne an Sie ab, wenn Sie endlich aktiv werden, um die Wettbewerbsfähigkeit unseres Landes in Wissenschaft und Forschung im Bereich Patentrecht zu verbessern.

Die Schwerpunkte meiner Arbeit: