Rüstungsforschung an öffentlichen Hochschulen und Forschungseinrichtungen

21.03.2013

Rede zu Protokoll des SPD-Bundestagsabgeordneten René Röspel am 21. März 2013 zur zweiten Beratung Antrags der Fraktion DIE LINKE "Keine Rüstungsforschung an öffentlichen Hochschulen und Forschungseinrichtungen – Forschung und Lehre für zivile Zwecke sicherstellen"; Deutscher Bundestag, 231. Sitzung, TOP 23

René Röspel (SPD):
Die Themen Rüstungsforschung und zivile Sicherheitsforschung sind zwei auch für uns Forschungspolitikerinnen und -politker relevante Politikbereiche, die wir in der Vergangenheit immer wieder diskutiert haben.

Wie ich bereits in meiner Rede im Herbst letzten Jahres zum Thema ausführte, haben wir Sozialdemokratinnen und Sozialdemokraten aber große Bedenken mit dem jetzt zu diskutierenden Linkenantrag. Ich hatte gehofft, dass die Ausführungen zu dem Antrag im Ausschuss den einen oder anderen Teilbereich erhellen würden. Aber leider Fehlanzeige.

Stattdessen zeigt der Antrag, wie auch die Argumente der Linken in der Diskussion, wie tief die Linken auch bei diesem Thema in einem Schwarz-weiß-Denken verhaftet sind. So simpel ist die Welt aber leider nicht.

Sicherheitsforschung ist nun mal nicht automatisch Rüstungsforschung. Bei der einen Forschung geht es um Ergebnisse fürs Militär, bei der anderen um Produkte für THW, Polizei, Feuerwehr oder Krankenhäuser. Rüstungsforschung wird in Deutschland durch das Bundesministerium der Verteidigung finanziert, zivile Forschung hingegen durch das Bundesministerium für Bildung und Forschung, BMBF, gefördert. Diese politische Trennung ist richtig und wird nach allen mir bekannten Informationen auch eingehalten. Man muss nicht jedes Produkt der Sicherheitsforschung für sinnvoll erachten – wir Sozialdemokratinnen und Sozialdemokraten tun dies auch nicht –, Rüstungsforschung ist es deshalb noch lange nicht. Und ja, es gibt in Deutschland Unternehmen, die ihr Geld mit Rüstung wie auch mit zivilen Produkten verdienen. Und wenn sich diese Unternehmen mit ihrer zivilen Sparte an Programmen des BMBF beteiligen, dann ist auch dies nicht automatisch Rüstungsforschung.

Um es klarzustellen, auch ich sehe Rüstungsforschung und -produktion sehr kritisch. Anstatt hier aber zwei Dinge zu vermischen, sollte man den Blick lieber auf die vorhandenen Tatsachen konzentrieren. Das zivile Sicherheitsforschungsprogramm des BMBF existiert. Und in dem mittlerweile ausgelaufenen ersten Programm hatten auch wir Sozialdemokratinnen und Sozialdemokraten so manche Frage nach der Sinnhaftigkeit des einen oder anderen Projekts. Das haben wir auch deutlich geäußert. Das neue Programm des BMBF wurde wohl auch deshalb an entscheidenden Punkten verbessert. Die Linken sehen also, dass konstruktive Kritik durchaus ankommt. Fundamentalkritik, wie sie sie uns häufig im Bundestag vorführen, bringt hingegen gar nichts.

In unserer Ausschusssitzung haben wir – nicht zum ersten Mal – intensiv über die sogenannte Dual-Use-Problematik gesprochen. Also über Technologien oder Erkenntnisse, die zivil wie auch militärisch bzw. zum Schutz wie auch zum Angriff genutzt werden können. Dieser Problematik stehen Ingenieure der Luft- und Raumfahrt genauso wie Informatiker, Virologen oder Sozialwissenschaftler gegenüber. Forschung bedeutet eben nun einmal, dass man oft noch nicht weiß, welche Ergebnisse am Ende herauskommen und zu welchem Zweck sie verwendet werden. Wichtig ist es deshalb, die einzelnen Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler für die Problematik zu sensibilisieren. Wie man hingegen die Forschung, welche möglicherweise auch einen militärischen Nutzen haben könnte, bereits zu Beginn kategorisch ausschließen will, ist mir auch nach der Ausschussberatung immer noch ein Rätsel. Ich habe vielmehr die Befürchtung, dass sich die Linken mit der Dual-Use-Problematik einfach noch nicht ausreichend befasst haben.

Am Ende vielleicht noch mal etwas Grundsätzliches. Am Anfang ihres Antrags versuchen sich die Linken ja in einem historischen Abriss des Themas für Deutschland. Dabei lassen sie aber ein paar wichtige Daten und Fakten weg. Unter anderem gehen sie überhaupt nicht auf die Situation in der DDR ein. Wie sah denn dort die Verquickung von Militär und Wissenschaft und Bildung aus? Nach meinem Wissen war in den Klassen 9 und 10 „Wehrkunde“ Pflichtfach. Und sogenannte Pioniermanöver gab es bereits in der Grundschule. Zivile Friedenserziehung klingt für mich anders.

Frau Gohlke als Münchnerin mag das nicht kennen, aber sie möge doch mal ihre Kolleginnen und Kollegen aus dem Osten fragen. Und falls diese schweigen sollten, kann ich auch gern ein paar Zeitzeugen aus meiner Fraktion nennen. Die können dann gern erzählen wie Verquickung von Militär und Forschung und Lehre auf ostdeutschem Boden so aussah. Ich finde es ehrlich gesagt scheinheilig, wenn sich die sogenannte Linke als die große Friedenspartei hinstellt, die Vergangenheit ihrer Partei aber einfach ignoriert. Dass ich nicht falsch verstanden werde, es geht mir nicht darum, die Linken für die Vergangenheit eines Teils ihrer Partei anzuklagen, ich erwarte aber, dass sie dazu stehen und sich inhaltlich damit auseinandersetzen. Der Anfangs- text ihres Antrags wäre eine Chance gewesen, damit anzufangen. Sie wurde leider nicht genutzt. Schade.

Ablehnen werden wir den Antrag aber nicht für all das, was fehlt, sondern aufgrund der unrealistischen bzw. falschen Forderungen, die auch noch an die falschen Adressaten verschickt werden.