Wissenschaftliche Urheberinnen und Urheber stärken – Unabdingbares Zweitveröffentlichungsrecht einführen

13.06.2013

Rede zu Protokoll des SPD-Bundestagsabgeordneten René Röspel am 13. Juni 2013 zum Antrag der Fraktion DIE LINKE „Wissenschaftliche Urheberinnen und Urheber stärken – Unabdingbares Zweitveröffentlichungsrecht einführen"; Deutscher Bundestag, 246. Sitzung, TOP 18 a-g

René Röspel (SPD): Erst ist wahrlich nicht die erste Rede, die ich an dieser Stelle zum Thema Wissenschaft und Urheberrecht halte. Um so wichtiger ist es mir, darauf hinzuweisen, dass ein leistungsfähiger Forschungsstandort, wie es Deutschland ja sein will und soll, auf adäquate und wissenschaftsfreundliche Urheberrechtsregelungen angewiesen ist.

Nun hat sich die Fraktion Die Linke dazu entschieden, ein ganzes Sammelsurium von Anträgen unter diesem Tagesordnungspunkt vorzulegen. Dies ist offenbar dem hehren Versuch geschuldet, eine umfassende Reform des Urheberrechts vorzulegen. Eine nicht allzu kleinteilige Vorgehensweise wäre jedoch im Sinne der Übersichtlichkeit wünschenswerter. Ich erlaube mir folglich, nur auf die Aspekte bzw. Anträge einzugehen, die den Wissenschaftsstandort Deutschland im Kern berühren. Daher erfolgt diese Äußerung nur zu den Aspekten des Zweitveröffentlichungsrechts bzw. des Antrags der Fraktion Die Linke mit der Drucksachennummer17/5479.

Zunächst gilt es, den analytischen Teil des Antrags lobend hervorzuheben: Das darin geschilderte Ungleichgewicht zwischen öffentlich finanzierten Wissensproduzenten und dem faktischen Oligopol bestimmter Wissenschaftsverlage gibt das Defizit der Wissenschafts- bzw. Publikationslandschaft in Deutschland treffend wieder. Auch die unbefriedigende Situation, dass analog zu dem Anstieg der Kosten für Periodika und Fachzeitschriften der öffentlich finanzierten wissenschaftlichen Bibliotheken die Rendite just jener dem Oligopol angehörenden Verlage steigt, legt den gesetzgeberischen Handlungsbedarf in dieser Frage nahe.

Die Kernaufgabe einer Novellierung des Wissenschaftsurheberrechts besteht – neben der Berücksichtigung von Neuerungen der Digitalisierung – darin, ein neues Gleichgewicht zwischen Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftlern einerseits und den Wissenschaftsverlagen andererseits zu schaffen.

Wir nehmen mit Freude zu Kenntnis, dass auch in Reihen der Fraktion Die Linke der Antrag der SPD-Bundestagsfraktion zum Zweitverwertungsrecht Anerkennung findet. Leider muss ich jedoch mit Bedauern feststellen, dass beim Versuch, sich von der guten Vorlage der SPD-Bundestagsfraktion abzuheben, die Antragsteller über das Ziel hinausschießen. Zwar wäre die Einführung eines sogenannten „Dritten Korbes“ im Urheberrecht durchaus wünschenswert, doch unter den Forderungen, die seitens der Linksfraktion zusätzlich erhoben werden, halte ich einen solchen Korb für nicht für umsetzungsfähig.

Konkret beziehe ich mich auf die Forderung der Linken, dass im Falle einer Einführung eines Zweitveröffentlichungsrechts dieses Recht sich nicht nur auf alle Publikationsformen erstrecken soll, sondern auch die Grenzziehung zwischen kommerzieller und nicht kommerzieller Zweitverwertung verwischt werden soll. Ein solcher Regelungsvorschlag ist in meinen Augen kein positiver Beitrag auf dem Weg zu einer Neujustierung des Verhältnisses zwischen Verlagen und Wissenschaft. Denn die Möglichkeit, eine Publikation kommerziell zweitzuverwerten, würde eine faktische Enteignung der Verlage bedeuten. Zudem würde eine solche Regelung langfristig zum Nachteil der Wissenschaft selbst werden; denn unter solchen Voraussetzungen wird das Interesse der Verlage an einer Erstpublikation und der redaktionellen Betreuung derselben langfristig schwinden. Die grundsätzliche Intention einer Einführung eines Zweitverwertungsrechts – nämlich die Erleichterung der Diffusion von wissenschaftlichen Erkenntnissen in die Wissenschaftsgemeinschaft – wäre somit konterkariert.

Aus diesem Grund halten wir nicht nur an der strikten Einhaltung der Embargofrist fest, sondern wollen das unabdingbare Recht zur Zweitveröffentlichung auf nicht kommerzielle Zwecke beschränken. Auch wenn ich die redliche Intention des vorliegenden Antrags zu schätzen weiß, so können wir dem Antrag in Gänze nicht zustimmen, weil er in Teilen über das Ziel hinausschießt.