Biodiversität und Artenvielfaltsind ein großer Schatz der Menschheit

15.10.2015

Herr Präsident! Meine sehr verehrten Damen und Herren!

Wenn man nach den guten Worten von Josef Göppel als Umwelt- oder, wie ich, als Forschungspolitiker hier steht, hat man manchmal den Eindruck, in anderen Bereichen unserer Gesellschaft herrsche die Meinung vor, die Art Homo sapiens sei die einzige, die auf der Welt bedeutend ist, und es sei gar nicht so schlimm, wenn jeden Tag viele Arten diesen Planeten unwiederbringlich verlassen, meistens aufgrund menschlichen Handelns. Deswegen ist es richtig, an die Bedeutung von Artenvielfalt und Biodiversität anzuknüpfen.
Albert Einstein wird ein Zitat zugeschrieben; es klingt ein bisschen dramatisch, macht aber vielleicht etwas deutlicher, wie wichtig andere Arten sind und wie abhängig der Mensch von anderen Arten ist. Er soll irgendwann einmal gesagt haben: Wenn die Biene unsere Erde verlässt, hat der Mensch noch vier Jahre zu leben. – Das ist vielleicht ein bisschen sehr dramatisch, zeigt aber die Zusammenhänge zwischen den Arten und die Bedeutung der Artenvielfalt auf unserem Planeten.
Es ist nicht nur so, dass der Mensch von genetischer Vielfalt abhängig ist. Vielmehr sind Biodiversität und Artenvielfalt, wie hier heute schon häufig erwähnt wurde, auch ein großer Schatz, den die Menschheit hat. Als Forschungspolitiker muss ich natürlich das Beispiel nennen, das vor einigen Wochen in allen Medien war: Der diesjährige Nobelpreis für Medizin ist an die Forscher Tu Youyou, Campbell und Omura gegangen. Sie haben sich Pflanzen und eine Vielzahl von Bakterien, also natürlich vorkommende Arten, angeschaut und sie auf Wirkstoffe untersucht. Es ist ihnen gelungen, Wirkstoffe zu isolieren, die seit vielen Jahren gegen Malaria und Wurmkrankheiten eingesetzt werden können und vielen Millionen Menschen das Leben retten oder erleichtern.
Dieser Zugang zur Forschung und zu genetischen Ressourcen muss offen sein, und es ist wichtig – das regelt das Nagoya-Protokoll glücklicherweise –, dass der Nutzen solcher Forschung und solcher Erkenntnisse fair verteilt wird. Du hast in gute Worte gefasst, Josef, dass man auch Respekt gerade vor den indigenen Völkern haben muss, die dieses Wissen und diese Ressourcen haben, dass man gut mit ihnen umzugehen hat und nicht zu deren Nachteil handeln darf.
(Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten der CDU/CSU und der Abg. Sabine Leidig [DIE LINKE])
Dass dieser Schatz bewahrt werden muss, ist richtig, und das Nagoya-Protokoll ist hier ein wegweisender Schritt.
Als Forschungspolitiker darf ich trotzdem eine Kritik bzw. eine Besorgnis ausdrücken, die der Umweltausschuss durch die Mitglieder der Koalitionsfraktionen in einer Entschließung glücklicherweise aufgegriffen hat:
Seit langen Jahren bearbeiten naturkundliche Sammlungen und die Wissenschaft in Deutschland Hunderttausende genetische und biologische Objekte jedes Jahr neu, und die Umsetzung des Nagoya-Protokolls führt dazu, dass der Erfüllungsaufwand bei diesem Verfahren groß sein wird. Damit wir das Nagoya-Protokoll gut umsetzen können, brauchen die Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler also eine gute Unterstützung. Ich sage das ausdrücklich: Das Bundesamt für Naturschutz wird für die Genehmigung zuständig sein, aber wir dürfen die Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler nicht alleine lassen, sondern müssen sie durch Beratung und Koordinierung unterstützen.
Das setzt voraus – und das ist nicht nur meine Bitte, sondern meine Aufforderung an die Bundesregierung und gerade auch an das zuständige Bundesministerium für Bildung und Forschung –, dass in den nächsten Monaten und Jahren wirklich darauf geachtet wird, dass die Forschung nicht durch Bürokratie belastet wird, wenn es nicht sein muss, sondern dass notfalls für eine Übergangszeit auch zusätzliche Personalstellen geschaffen werden, damit das Nagoya-Protokoll zum Frieden der Forscher umgesetzt werden kann. Das sollte uns dieser Schatz der Menschheit wert sein.

Vielen Dank.
(Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten der CDU/CSU)