Statt Steuersenkung besser in Bildung und Forschung investieren

06.09.2016

(Drucksache 18/9200)[1]

Frau Präsidentin! Meine sehr verehrten Damen und Herren!

Bei uns in Westfalen ist das höchste Lob, das man verteilen kann: „Nicht schlecht gemacht" oder „Da kannste nicht meckern". Insofern gerate ich geradezu in Ekstase, wenn ich zum Abschluss dieser Debatte sage: Dieser Haushalt ist ein richtig guter. Wir hoffen, dass sich die wirtschaftliche Situation in Deutschland weiter so entwickelt, dass wir auch in den nächsten Jahren so viel Geld – und noch viel mehr – in Bildung und Forschung investieren können; denn da ist es wirklich gut aufgehoben.
(Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten der CDU/CSU)
Allerdings, Frau Wanka und liebe Kolleginnen und Kollegen von der Union: Wenn Sie versuchen, neben dem gregorianischen Kalender einen weiteren Kalender zu etablieren, der das Leben erst 2005 beginnen lässt, darf ich daran erinnern, dass das goldene Zeitalter für Bildung und Forschung, verbunden mit einem neuen Stellenwert für Bildung und Forschung, auf Bundesebene 1998 begonnen hat
(Beifall bei der SPD)
und es glücklicherweise von allen Fraktionen in diesem Haus – mit einer Ausnahme – fortgesetzt worden ist.
Wesentliche Pakte, nämlich der Qualitätspakt Lehre, der Hochschulpakt, in dessen Rahmen wir mehr Studienplätze schaffen und sie bundesseitig finanzieren, die Exzellenzinitiative, die einen großartigen Impuls gegeben hat, und der Pakt für Forschung und Innovation stammen aus SPD-Feder; das muss man, was die Kalenderwahrheit betrifft, dazusagen. Wie gesagt, ich glaube, wir alle können zufrieden sein, wenn es darum geht, was wir in den letzten Jahren für Bildung und Forschung getan haben.
(Beifall bei der SPD)
Der Pakt für Forschung und Innovation war für mich als Forschungspolitiker ein wesentliches Element. 2005 haben wir all den Forscherinnen und Forschern bei der Max-Planck-Gesellschaft, der Helmholtz-Gemeinschaft, dem Fraunhofer-Institut und vielen anderen Forschungseinrichtungen zugesagt: Ihr werdet euch darauf verlassen können, dass ihr in den nächsten Jahren jedes Jahr mindestens 3 Prozent mehr Geld bekommt. – Wir wollten mehr Investitionen in die Forschung und mehr für die Köpfe, die in der Wissenschaft arbeiten, tun. Es ist das Verdienst vieler, dass wir dieses Versprechen haben einhalten können. Dies hat wesentlich dazu beigetragen, dass Deutschland im Bereich von Wissenschaft und Forschung besser dasteht als viele andere Länder, dass Deutschland auch international wieder nachgefragt wird und gute Köpfe zu uns kommen.
Mich freut an diesem Haushalt ganz besonders, dass wir - anders als beim Pakt für Forschung und Innovation, in dessen Rahmen wir das Geld an die Forschungsorganisationen geben, auch verbunden mit dem Hinweis, dass im Hinblick auf die großen Herausforderungen für die Gesellschaft, nämlich Gesundheit, Klimawandel, Energie und Arbeit, mehr getan werden muss – diesmal mehr Möglichkeiten haben, gezielt Schwerpunkte zu setzen. Denn auch die Mittel für die Programmförderung beim Bundesministerium für Bildung und Forschung wachsen in den unterschiedlichen Bereichen deutlich an, sodass wir hier Akzente setzen können.
(Beifall bei Abgeordneten der SPD)
Mein Dank gilt dem Bildungsministerium, und zwar dafür, dass wir gerade in dem Bereich, der die Generationengerechtigkeit trägt und der von vielen immer noch unterschätzt wird, ein großes Stück vorankommen werden, indem wir den Etat von 449 auf 511 Millionen Euro erhöhen. Ich meine den gesamten Bereich Klima, Nachhaltigkeit und Energie. Das, was uns die Wissenschaft heute sagt, bedeutet, dass, wenn diese Generation nicht tatsächlich etwas gegen den Klimawandel unternimmt, die nächste Generation immer weniger Optionen haben wird, darauf zu reagieren. Das ist eine Verantwortung, die wir als Politik heute wahrnehmen müssen. Das wird auch an diesem Haushalt deutlich.
(Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten der CDU/CSU)
Herzlichen Dank dafür! Das ist der richtige Weg. Wir werden diese Maßnahmen noch verstärken müssen. All diese Programme, das Projekt „Zukunftsstadt", das solare Bauen, die Forderung nach mehr Photovoltaik und das Thema „Effiziente Städte" sind Bestandteile genau des Weges, den wir, auch als Vorbild für andere Länder, beschreiten müssen, um den Klimawandel beherrschbar zu machen.
Ich freue mich darüber, dass es auch im Bereich von Energieforschung und Energieeffizienz – hierzu haben die Grünen erst kürzlich einen Antrag vorgelegt – einen deutlichen Zuwachs gibt. Das ist auch richtig; denn Energie ist viel zu schade, um sie nichtgenutzt irgendwo verpuffen zu lassen.
(Beifall bei der SPD)
Hierzu zählt auch ein Bereich, der in den letzten Jahren leider unterschätzt und finanziell nicht immer angemessen ausgestattet worden ist, der jetzt aber ebenfalls einen Zuwachs von 5 Millionen Euro erfährt: die neuen Werkstoffe und Materialien. Ich will diesen Aspekt ausdrücklich erwähnen. In diesem Zusammenhang wird nicht nur über neue Werkstoffe wie Graphen oder Karbon diskutiert, sondern auch darüber, wie man bestehende Werkstoffe verbessern kann. Einen will ich ausdrücklich nennen, nämlich Stahl. Er ist hochinnovativ. Ich freue mich, dass entgegen der Einschätzung einiger politischer Initiativen wieder Ruhe eingekehrt ist, was die Situation beim Stahl anbelangt. Vielleicht ist es die besondere Aufgabe der SPD – das kann ich hier einmal sagen –, in dieser schwierigen Gemengenlage aus dem Erhalt von Arbeitsplätzen in der Stahlindustrie, einem hochinnovativen Bereich, der Effizienzsteigerung beim Energieverbrauch und dem Klimawandel immer einen Mittelweg zu finden, der es zulässt, dass Deutschland ein Industrieland bleibt und solche Bereiche eben nicht verloren gehen.
Damit komme ich zu einem letzten Bereich, der uns ebenso sehr am Herzen liegt und bei dem wir uns auch über einen Zuwachs freuen, nämlich dem Bereich Arbeits-, Dienstleistungs- und Produktionsforschung. Wie wettbewerbsfähig wir international sind, wird wesentlich davon abhängen, welche neuen Dienstleistungen, aber auch welche neuen Produktionsmethoden wir entwickeln. Uns als Sozialdemokratinnen und Sozialdemokraten interessiert natürlich besonders die Frage, wie wir künftig arbeiten werden.
Wir werden uns diesen Bereich noch einmal genauer anschauen, weil es nicht nur darum geht, den Arbeits- und Gesundheitsschutz voranzubringen, sondern auch um die Frage, mit welchen Modellen wir zukünftig arbeiten werden. Es geht hier nicht nur darum, dass Frau und Mann in der digitalisierten Welt einen Arbeitsplatz finden, sondern wir wollen auch stärker die Frage beleuchten, wie Frau und Mann in der digitalisierten Welt Arbeit finden und gleichzeitig eine Familie gründen können.
(Kai Gehring [BÜNDNIS 90/DIE GRÜ- NEN]: Und leben können!)
Das wollen wir entwickeln, und deswegen wollen wir diesen Ansatz breiter gestalten.
Am Ende der Redezeit sei mir folgender Hinweis gestattet: Wir werden in den nächsten Monaten und Jahren darüber reden, wie mit hoffentlich weiteren Überschüssen umgegangen wird. Die Wähler können dann, wie ich finde, sehr gut entscheiden, ob wir den einzelnen Familien über eine Steuersenkung 20 Euro zurückgeben sollten oder ob wir das Geld nicht viel besser dafür nutzen sollten, in frühkindliche Bildung, in die Infrastruktur und in die Zukunft des Landes, nämlich in Bildung und Forschung, zu investieren. Ich glaube, der letzte Weg ist der nachhaltigere und erfolgreichere.
Vielen Dank.
(Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten der CDU/CSU)

Links:

  1. http://dipbt.bundestag.de/doc/btd/18/092/1809200.pdf