Logo der Sozialdemokratischen Partei Deutschlands

Mittelständler in Südwestfalen hätten keinen Nutzen

29.09.2016

Drucksachen 18/7872 und 18/9840

Frau Präsidentin! Meine sehr verehrten Damen und Herren!

Als Forschungspolitiker kann ich bekennen: Seit Rot-Grün 1998 die Bundesregierung gestellt hat, hat Forschung und Entwicklung in diesem Land wieder einen richtigen Stellenwert bekommen. Alle haben es fortgeführt, nicht erst seit 2005.

Tatsächlich ist es so: Wir haben gerade ein Gespräch mit jungen Nachwuchswissenschaftlern aus Australien, den USA und Israel geführt, die absolut begeistert vom deutschen Standort sind und fragen, wie sie eigentlich in Deutschland ihren Postdoc oder sonst etwas machen können. Das ist ein gutes Zeichen. Wir sind gut aufgestellt.
(Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten der CDU/CSU)
Allerdings erhalten wir zu Recht auch immer Mahnungen von Expertenkommissionen, die sagen: Bei hochwertigen Industriegütern seid ihr hervorragend, aber bei Spitzentechnologien hat Deutschland Nachholbedarf. Deutschland droht gelegentlich, gegenüber anderen Ländern zurückzufallen. – Also brauchen wir Instrumente, um gezielte Impulse zu setzen und solche Technologien zu fördern.

Das machen wir im Haushalt des Bundesministeriums für Bildung und Forschung und zum Beispiel auch im Wirtschaftsministerium mithilfe unglaublich guter Programme wie ZIM und IGF, die bei den Unternehmen wirklich ankommen
(Beifall bei Abgeordneten der SPD und der CDU/CSU)
und mit relativ wenig Aufwand dazu führen, dass kleine und mittelständische Unternehmen beispielsweise Schrauben und Maschinen entwickeln und in ihrer Wettbewerbsfähigkeit, aber auch im Bereich „Forschung und Entwicklung" wirklich ein Stück weit weiterkommen. Dafür brauchen wir Geld.

Da jetzt immer wieder gesagt wird, wir müssten die Projektförderung und die zusätzliche steuerliche FuE-Förderung miteinander kombinieren, will ich beim Realitäts-Check sagen: Das glaube ich nicht. Was wäre denn, wenn der Gesetzentwurf der Grünen jetzt schon Realität wäre? Dann hätten wir nicht 302 Milliarden Euro an Steuereinnahmen, sondern nur noch gut 301 Milliarden Euro. Das heißt, die 770 Millionen Euro, die wir für die Förderung aufwenden müssten, wären nicht mehr in der Kasse. Dieses Minus von 770 Millionen Euro würde auf die Ministerien verteilt werden. Bei 14 Ministerien wären das im Durchschnitt 55 Millionen Euro weniger. Das Wirtschaftsministerium müsste dieses Geld irgendwo hernehmen.

Sie haben gerade richtig gesagt: ZIM ist so erfolgreich, dass es schon nach einem Dreivierteljahr gar keine Mittel mehr gibt. Es käme noch die Kürzung von 55 Millionen Euro hinzu. Ich finde, das ist kontraproduktiv. Das würde das Land nicht weiterbringen.
(Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten der CDU/CSU)
Sie glauben, die Regelungen in Ihrem Gesetzentwurf seien unbürokratisch. Dieses Argument kommt immer, weil die Förderung für alle gleichermaßen gilt und die Ausgaben steuerlich geltend gemacht werden können. Diese Regelung ist aber in Ihrem Gesetzentwurf viel zu weitgehend. Wenn man es so machen will, wie Sie sagen, dann muss man darüber reden, die Kosten für zusätzlich eingestelltes Forschungspersonal von der Steuer abzusetzen. Sie fordern aber Forschungsgelder und eine steuerliche FuE-Förderung für Gebäude, Investitionen und Instrumente.
(Ingrid Arndt-Brauer [SPD]: Für jeden Tisch, für jeden Stuhl!)

Vizepräsidentin Ulla Schmidt:
Herr Kollege Röspel, ich darf Sie einmal unterbrechen. Gestatten Sie eine Zwischenfrage des Kollegen Kai Gehring?
René Röspel (SPD): Gerne.
Vizepräsidentin Ulla Schmidt:
Bitte schön.
René Röspel (SPD):
Ich war mitten im Satz. Ich versuche, ihn mir zu merken.
Vizepräsidentin Ulla Schmidt:
Ihre Redezeit war abgelaufen. Ich musste Sie mitten im Satz unterbrechen.
(Heiterkeit)
René Röspel (SPD):
Gut. Auch ich habe es gemerkt.

Kai Gehring (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN):
Da Herr Lengsfeld leider keine Frage zugelassen hat
(Dr. Philipp Lengsfeld [CDU/CSU]: Du hast mich ja nicht gefragt!)
und Ihre Redezeit so kurz ist, möchte ich Sie jetzt unheimlich gerne fragen, wie Sie als SPD-Bundestagsabgeordneter zum Vorschlag von Hubertus Heil stehen, der gestern im Handelsblatt erklärt hat, dass er einen Forschungsbonus für KMU will. Vieles, was er dort äußert, kommt mir sehr bekannt vor und ist mit unserem grünen Gesetzentwurf, der heute zur Diskussion steht, in Einklang zu bringen.
Wenn ich mir die Wahlprogramme von CDU/CSU und SPD angucke, dann wird klar: Sie hätten sich schnell zusammentun und einen kleinen Änderungsantrag zu unserem Gesetzentwurf stellen können. Dann gäbe es ab jetzt eine steuerliche Forschungsförderung für KMU in der Republik.
(Kerstin Andreae [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Sie kündigen nur an!)
Wenn man aber Sie und Herrn Lengsfeld reden hört, hat man den Eindruck, Sie sind dagegen.
(Kerstin Andreae [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Sie kündigen nur an!)
Sie kündigen ein Jahr vor der Bundestagswahl etwas an, was vielleicht am Sankt-Nimmerleins-Tag kommt. Deshalb frage ich Sie: Stehen Sie hinter den Vorschlägen von Hubertus Heil zur steuerlichen Forschungsförderung? Wie ist das: Bekommen Sie gemeinsam mit dem Koalitionspartner noch in diesem Jahr einen Gesetzentwurf hin?

René Röspel (SPD):
Zum Vorschlag von Hubertus Heil, der anders aussieht als das, was Sie hier vorschlagen: Auch er löst die Kernfrage, die ich gerade diskutiert habe, nicht. Also: Wie schaffen wir es, dass wirklich zusätzlich Geld fließt?
(Volker Kauder [CDU/CSU]: So ist es!)
Ich finde, man müsste einen zusätzlichen Betrag ausweisen, den man nicht nur hinterher im Subventionsbericht des Bundes nachlesen kann. Vielmehr soll damit sichergestellt werden, dass diese Mittel nicht zulasten der Projektförderung gehen.
(Beifall bei der SPD und der CDU/CSU)
Auch da enthält der Vorschlag von Hubertus Heil einen Punkt, der noch zu klären ist.
(Kai Gehring [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Aber bei uns steht das drin!)
Aber anders als Sie in Ihrem Gesetzentwurf sagt er: Wir wollen sehen, ob es eine Möglichkeit für zusätzliches Forschungspersonal gibt.
(Kerstin Andreae [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Dann macht ihr es!)
An dieser Stelle weist er aber nicht auf die vielen Schwächen Ihres Gesetzentwurfes hin.

Sie müssen sich Folgendes überlegen: Fragen Sie einmal einen Unternehmer: Was machst du lieber – eine Antragstellung mit guter Beratung im Rahmen eines Programms wie ZIM oder einen Besuch bei deinem örtlichen Finanzamt? Die Mitarbeiter des Finanzamts sollen nämlich entscheiden – ich bin mit der Beantwortung der Frage noch nicht fertig –, ob die Kosten für die Hälfte des Gebäudes, in dem die Werkzeugmacherei ist, ob die Personalkosten für den Meister, der in Teilen sowohl für die Entwicklung zuständig ist als auch die Werkzeuge herstellt, abzugsfähige Forschungsausgaben sind. Da kann ich nur sagen: Jeder Mittelständler freut sich jetzt schon auf die Diskussion mit seinem Finanzamt vor Ort,
(Beifall der Abg. Margaret Horb [CDU/ CSU])
um die Förderung gemäß Ihrem Gesetzentwurf einigermaßen zum Laufen zu kriegen. Das ist der deutliche Unterschied.
(Beifall bei der SPD und der CDU/CSU – Kai Gehring [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Wir haben eine Zertifizierung!)
Letzter Punkt. Ein Blick in die Realität: Bei mir in der Region in Südwestfalen verstehen sich Betriebe mit deutlich mehr als 249 Mitarbeitern als Mittelständler. Es sind familiengeführte Unternehmen, die manchmal 1000 Mitarbeiter und einen Jahresumsatz von mehr als 50 Millionen Euro haben. Das sind innovierende Unternehmen. Sie wären von dieser Förderung überhaupt nicht betroffen.
(Kai Gehring [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Dann stellen Sie doch einen Änderungsantrag zum Gesetzentwurf!)
Das heißt, sie hätten von dieser Regelung keinen Nutzen. Sie profitieren aber von anderen Programmen. Deswegen glauben wir, dass Ihr Gesetzentwurf überhaupt nicht geeignet ist, unser Land in Sachen Innovation, Forschung und Entwicklung weiterzubringen.
(Kerstin Andreae [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Das sehen aber alle Experten anders!)

Deswegen werden wir ihn heute ablehnen.
(Beifall bei der SPD und der CDU/CSU)

Die Schwerpunkte meiner Arbeit: