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Beim menschenwürdigen Sterben begleiten

12.03.2015
Diskussion über Sterbehilfe
Diskussion über Sterbehilfe

Über das Sterben redet man nicht? Das sahen mehr als 150 Gäste aus Hagen und dem südlichen Ennepe-Ruhr-Kreis anders, die auf Einladung des heimischen SPD-Bundestagsabgeordneten René Röspel im Hagener Sparkassen-Karree zusammen gekommen waren. Mit dem Präsidenten der Deutschen Gesellschaft für Palliativmedizin Prof. Dr. Lukas Radbruch, dem früheren Bundesminister und heutigen Präsidenten des Arbeiter-Samariter-Bundes Franz Müntefering sowie der Leiterin des ambulanten Hospiz- und Palliativ-Beratungsdienstes im Gevelsberger „Hospiz Emmaus“ Helga Grams führten sie eine lebhafte Diskussion über medizinische, politische und ethische Fragen des Themas „menschenwürdiges Sterben“.

Im Deutschen Bundestag wird voraussichtlich in diesem Jahr eine Entscheidung über die rechtlichen Grundlagen der Beihilfe zur Selbsttötung getroffen. Dabei, so Röspel, wird über ein Verbot von Sterbehilfe-Vereinen und darüber diskutiert, inwieweit es gesetzlich geregelt werden soll, dass Ärzte und Ärztinnen unter bestimmten Bedingungen schwerstkranken Menschen beim Suizid helfen oder die jetzigen Möglichkeiten erhalten werden.
„Erfolgreich war die Veranstaltung schon deshalb“, so Röspel, weil vielen Teilnehmern nach eigener Aussage nun klar sei, wie viel eine Palliativversorgung leisten könne und dass die erlaubten Verfahren der sogenannten passiven und indirekten Sterbehilfe viele Ängste und Sorgen nehmen könnten.
„Würde“ und „Selbstbestimmung“ seien die häufigsten Begriffe, wenn über den Wunsch nach einem „guten Tod“ gesprochen wird, sagte Radbruch. Genau diese Begriffe würden aber sowohl für als auch gegen eine gesetzliche Grundlage für die Sterbehilfe angeführt. Die heute geltenden Vorschriften seien bei den meisten Menschen und auch bei vielen Ärzten nicht bekannt, weiß der Professor aus seiner täglichen Arbeit: Die Tötung auf Verlangen ist verboten, das „Sterben lassen“, also zum Beispiel das Abschalten lebenserhaltender Maschinen, dagegen erlaubt. Die Beihilfe zum Suizid ist zwar erlaubt, wenn die „Tatherrschaft“ beim Patienten liegt, wird aber von der Ärztekammer nicht als Teil des ärztlichen Auftrags gesehen.
Für viel wichtiger hält Radbruch die ethischen Fragen: „Der Wunsch nach dem Tod wird von den wenigsten Patienten wegen ihrer Schmerzen geäußert.“ Am häufigsten werde genannt, man wolle den Angehörigen nicht zur Last fallen. Außerdem schwanke der Todeswunsch bei Vielen sogar im Tagesverlauf. Seine Forderung: „respektvoll mit dem Todeswunsch umgehen“.
Das forderte auch Müntefering: „Die im Grundgesetz festgeschriebene Würde gilt immer, und alle Menschen sind gleich viel wert.“ Der Bundestag solle deshalb keine Kategorien schaffen, nach denen Sterbehilfe erlaubt oder verboten werde. Man müsse Menschen beim Sterben helfen, aber sie nicht aktiv in den Tod führen. Der frühere Sozialminister erinnerte daran, dass sowohl die Pflegeversicherung als auch die Hospiz-Arbeit noch „sehr jung“ seien: „Wir müssen die Hospiz-Arbeit in die Pflegeheime bringen und das auch bezahlen“. Denn viele Pflegebedürftige wünschten sich den Tod nur, weil sie nicht wollten, dass ihre Kinder die Pflege bezahlen müssen. Menschen seien aber ein ganzes Leben lang „hilfebedürftig“, als Baby, als Kranker und als Sterbender.
Helga Grams berichtete von der Arbeit ihrer vielen ehrenamtlichen Helferinnen und Helfer. Dabei gehe es nicht um medizinische, sondern um menschliche Betreuung. An Beispielen machte sie deutlich, dass alle Menschen am liebsten so sterben wollten, wie sie gelebt haben. Das Sterben müsse aus der Tabuzone heraus geholt werden, forderte Grams: „Wir sollten den Umgang mit dem Sterben von Kindesbeinen an lernen.“

Bild:

Über die „Sterbehilfe“ diskutierten (von links) Franz Müntefering, Helga Grams, Prof. Dr. Lukas Radbruch und René Röspel mit den Gästen im Sparkassen-Karree.

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