Sportvereine brauchen Anerkennung und Unterstützung

09.06.2017

„Wo drückt der Sportschuh?", hatte der heimische SPD-Bundestags-Abgeordnete René Röspel in einer Einladung zu einer Diskussion mit der sportpolitischen Sprecherin der SPD-Bundestagsfraktion Michaela Engelmeier gefragt. Gut 50 Vertreterinnen und Vertreter von Sportvereinen aus dem südlichen Ennepe-Ruhr-Kreis und Hagen kamen ins Vereinsheim des TSV Fichte Hagen in Eilpe und hatten so viele Antworten auf die Ausgangsfrage mitgebracht, dass aus den geplanten 90 Minuten Diskussion ganze zwei Stunden wurden.

Röspel machte in seiner Begrüßung deutlich, dass der Bund die Vereine nicht direkt unterstützen darf, indirekt dem Sport helfen, aber auch schaden kann: „Wenn Schäubles Pläne, die Steuern um 15 Milliarden zu senken, Wirklichkeit werden, kostet das NRW eine Milliarde." Das wirke sich auf die Städte aus, „und keiner weiß, welche Konsequenzen das zum Beispiel für Sportanlagen oder Schwimmbäder hat." Andererseits habe das nach der Finanzkrise vor zehn Jahren von der SPD initiierte „Konjunkturpaket 2" unter anderem dafür gesorgt, dass die Ischelandhalle „auf Bundesliga-Niveau" ausgebaut werden konnte.

Die gebürtige Hagenerin Michaela Engelmeier, die jetzt im Bergischen Land lebt und auch Vizepräsidentin Breitensport im Landessportbund ist, meinte: „Sportler machen viel Gutes, reden aber nicht darüber." In NRW seien immerhin 1,7 Millionen Menschen ehrenamtlich in den Sportorganisationen tätig. Der Sportausschuss des Bundestages sei leider nur für den Spitzensport zuständig, habe aber zum Beispiel in der Sportanlagen-Lärm-Verordnung durchgesetzt, dass dort auch an Sonntagen oder am späten Abend Sport betrieben werden darf, ohne dass entfernte Nachbarn dagegen klagen können. Nach der Grundgesetzänderung in der vergangenen Woche sei es nun auch möglich, dass der Bund Sportanlagen fördern kann.

Immer wieder höre man viel Lob für das Ehrenamt, sagte Engelmeier: „Aber Händeschütteln reicht nicht!" Sie sprach sich dafür aus, zum Beispiel Rentenpunkte für langjähriges Ehrenamt gutzuschreiben und den Sport als Staatsziel in das Grundgesetz aufzunehmen.

Der Hagener Stadtsportbund-Vorsitzende Reinhard Flormann, als TSV-Vorsitzender auch Gastgeber an diesem Abend, wies auf die Individualisierung im Sport hin und warnte vor der „Sportabstinenz" bestimmter soziale Gruppen. Zur Frage, ob die Sportstätten noch zeitgemäß sind, meinte Flormann, „die zukunftssichernde Sportpolitik wurde vernachlässigt." Die Vereine müssten sich die Frage stellen, ob Sport wirklich noch im Verein am schönsten ist.

Dirk Engelhard, der Vorsitzende des Kreissportbundes Ennepe-Ruhr, berichtete von „gravierenden Veränderungen" im Sport: „Die meisten Vereine haben im Fitness-Bereich den Anschluss verpasst." Die Erwartungen der Mitglieder hätten sich deutlich verändert. Der Sport müsse sich deshalb so aufstellen, dass er wieder für alle Menschen erreichbar ist. „Wir tun was für die Gesellschaft, und dafür brauchen wir Anerkennung und Unterstützung", forderte Engelhard.

Silvia Nin, Vorsitzende der SE Gevelsberg, machte deutlich, dass Sportvereine ein „Garant für das Gemeinwohl" seien. Das müsse sich zum Beispiel auch in der steuerlichen Beurteilung der Vereine und der Ehrenamtlichen zeigen. Das Steuerrecht sei inzwischen aber „gefährlich für die Vereine". Bei den Sportanlagen gebe es einen erheblichen Renovierungs- und Sanierungsstau, sagte Nin: „Fällt eine Halle aus, gibt es keine Ausweichmöglichkeiten, die Übungsstunden fallen einfach aus." Dass einige Städte Nutzungsgebühren von den Vereinen verlangen, sei „komplett kontraproduktiv".

In der Diskussion wurde deutlich, dass das Ehrenamt nicht die Lösung für die Probleme der Städte sein kann. Ein Vereinsvorsitzender berichtete, dass seine 18-jährige Tochter als Übungsleiterin nach der Sportstunde abends um zehn die Halle kontrollieren und abschließen muss, weil die Stadt dem Verein die Schlüsselgewalt übertragen hat. Der Bund müsse gar nicht die Vereine direkt unterstützen, schlug ein anderer Vorsitzender vor: „Stattdessen könnten ja auch Hallenwarte bezahlt werden."

René Röspel bedauerte, dass der Bund zurzeit „nur in Beton" investieren dürfe, weil CDU und CSU sich strikt gegen weitere Unterstützung der Schulen wehren. Er werde sich weiter für einen mit Bundesmitteln geförderten „sozialen Arbeitsmarkt" einsetzen, in dem Menschen beschäftigt werde, die keine Chance auf dem „ersten Arbeitsmarkt" haben. Damit könnten dann auch solche Hausmeister-Stellen finanziert werden.